1920: 1.FCN - SpVgg Fürth 2:0 (1:0)

13. Juni 1920, Germania-Platz Frankfurt

1.FCN: Stuhlfauth, Bark, Steinlein  Kugler, Kalb, Riegel, Strobel, Popp, Böß, Träg, Szabo

Fürth: Gebhardt,  Ammerbacher, Wellhöfer, Schuster, Hagen, Löblein, Fiederer, Franz, Seiderer, Hierländer, Sutor

Tore: 1:0 Popp (12.),  2:0 Szabo (73.)

SR: Bauwens (Köln)

Zuschauer: 35.000

Zur Qualifikation für die Endrunde wurden in der Saison 1919/20 erstmals wieder die Meister der sieben Landesverbände des DFB ermittelt.

Der Club legte auf dem Weg ins Endspiel eine sagenhafte Bilanz hin: 36:0 Punkte, 115:6 Tore in den Kreisspielen (Gegner: SpVgg Fürth, VfB Nbg., Pfeil-Sandow Nbg., 1. FC Bamberg, 1. FC Schweinfurt, Kickers Würzburg, MTV Fürth, Ballspielclub Nbg., Sportfreunde Nbg.), mit Ausnahme des Unentschiedens beim Frankfurter FV gab es nur souveräne Siege in den Spielen um die Süddeutsche Meisterschaft, schließlich verlief auch die Qualifikation in der Schlussrunde gegen VfB Leipzig (2:0) und Titania Stettin (3:0) völlig problemlos.

Der Endspielgegner, die SpVgg Fürth, wäre eigentlich schon auf Kreisebene am Club gescheitert gewesen (0:2 und 1:3), war aber als Titelverteidiger von 1914 automatisch als achter Endrundenteilnehmer qualifiziert.

Dort hatten sich die Kleeblättler leichtfüßig gegen den Westmeister VfTuR M-Gladbach (7:0) und gegen die Breslauer Sportfreunde (4:0) durchgesetzt.

Die 35.000 Zuschauer, die das Endspiel im Germania-Stadion an den Sandhöfer Wiesen sehen, bedeuten einen bis dahin einsamen Rekord. 25.000 Karten waren bereits im Vorverkauf abgesetzt worden. Vor den Kassahäuschen bilden sich riesige Schlangen. Tausende drängeln sich umsonst: Ausverkauft!

Einige bieten bis zu 200 Mark für einen Sitzplatz. Glücklich, wer einen hat! Im überfüllten Stadion stehen die Menschen schon Stunden vor dem Spiel so dicht gedrängt, daß in den hinteren Reihen kaum mehr eine Sicht aufs Spielfeld möglich ist.

Einige Fans schleppen Backsteine heran, um sich daraus eine kleine Erhöhung zu bauen. Besonders findige Fußballfreunde verpachten mitgebrachte Leitern: Die oberste Sprosse für 25 Mark, jede weitere nach unten für 5 Mark weniger. Andere fahren Omnibusse herein und vermieten die Dächer.

Endlich ist es 16 Uhr. Ein Raunen geht durch die Menge. Die Mannschaften kommen! Erst Nürnberg, lebhaft begrüßt, dann Fürth, lauter und freudiger empfangen. Die Symphatien der Frankfurter, so ein Fan, befinden sich augenscheinlich auf  Seiten der Fürther.

Anpfiff: Zunächst dominiert Fürth mit dem Parade-Sturm Franz, Seiderer und Sutor. Nach 8 Minuten kann Stuhlfauth einen Freistoß des Halblinken Hierländer gerade noch um den Pfosten lenken. Stuhlfauths souveräne Leistung verschafft den Spielern in den verwaschenen weinroten Trikots die nötige Selbstsicherheit.

In der 12. Minute schließt Popp einen schnellen Konter über Böß und Träg per Volley zur überraschenden Führung ab. Die Kleeblättler zeigen sich jedoch nicht schockiert. Fürth stürmt, brilliert mit elegantem Flachpass und technischen Kabinettstückchen. Doch Nürnbergs Abwehr, von Kalb glänzend organisiert, lässt die Kleeblatt-Stürmer nicht mehr durchkommen.

Nach Wiederbeginn dasselbe Bild: Die SpVgg bemüht sich mit schönen Kombinationen um den Anschlusstreffer, doch der Club hält mit nüchterner Athletik und Kampfkraft dagegen. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis Fürth der Ausgleich gelingen würde.

Da aber werden die Fußballkünstler aus der Kleeblattstadt nach einem überfallartig vorgetragenen Konter entzaubert. Der Ungar Peter Szabo startet auf dem linken Flügel durch und versenkt das Leder aus rund 16 Metern im Netz  2:0 (73.).

Die SpVgg gibt auch jetzt noch nicht auf und greift weiter an. Doch nach einer von Hagen vergebenen Großchance brechen die Fürther, die ihrem pausenlosen Anrennen allmählich auch konditionell Tribut zollen müssen, zusammen. Die Partie ist entschieden. In den letzten Minuten hätte der Club, der nun im sicheren Gefühl des Sieges frei aufspielt, das Ergebnis sogar noch höherschrauben können. Abpfiff.

Der Club hat die Mittelfränkische Meisterschaft für sich entschieden und damit erstmals den deutschen Titel geholt!

Die meisten Sportjournalisten erkannten im 1. FCN einen verdienten Meister, der mit überlegenem Spiel (18:8 Ecken!) das Ringen um den Siegespreis, die sogenannte Viktoria,  für sich entschieden habe.

Das Fazit der Frankfurter Zeitung: Das schönere Stürmerspiel war auf der Fürther Seite, hingegen fehlte ihr die Schussfreudigkeit, und die einzelnen Schüsse wurden aus zu großer Entfernung abgegeben.

Bei ihrer Rückkehr in Nürnberg wurden die frischgebackenen Meister von einer 30.000 Köpfe zählenden Menge begeistert empfangen.

Ein Nürnberger Journalist berichtete: Zu einer wahren Massenkundgebung für den Sportgedanken gestaltete sich gestern abend die Rückkehr der siegreichen Mannschaft des 1. FC Nürnberg in ihre Vaterstadt. Seit 6 Uhr abends belagerten dichte Massen den Bahnhofsplatz. Hunderte von Sportfreunden ließen es sich nicht nehmen, auf dem Bahnsteige selbst der Ankunft in unmittelbarer Nähe beizuwohnen. Als um 7.50 Uhr der Frankfurter Schnellzug in die Halle brauste und im vordersten Wagen die wohlbekannten Gestalten der Meisterelf sich zeigten, erfüllten schallende Hipp-Hipp-Hurra-Rufe die weite Halle.

Dem Jubel folgte eine große Tournee: Der Club wollte sich als neuer Meister vorstellen und unternahm eine Reise quer durch Deutschland. In 13 Tagen wurden dabei 3.000 Kilometer zurückgelegt, 7 Freundschaftsspiele absolviert und  natürlich sämtlich gewonnen. Siege waren für den Club jetzt eine Selbstverständlichkeit.

In der Fachzeitschrift Fußball wurden fortan Berichte über die Spiele des Club beinahe regelmäßig mit den Worten eingeleitet: Bald nach Beginn stand bereits der Sieg der Nürnberger fest ...

Die Texte und Bilder stammen mit freundlicher Genehmigung aus dem Buch "Der Club - 100 Jahre Fußball", erschienen im Verlag W. Tümmel. Das Buch gibt es im 1.FCN-Fan-Shop.

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