Der Club im Europacup

Europapokal der Landesmeister 1961/62

Matchwinner gegen Benfica: Gustl Flachenecker

Der Club und der Europapokal - nicht gerade eine Erfolgsstory. In der Saison 1961/62 wagte sich der Club zum ersten Mal ins internationale Licht. Seine Vorgänger als Deutscher Meister hatten die Latte hoch gelegt: Die Frankfurter Eintracht erreichte 1960 als erster deutscher Verein ein Europapokal-Finale (3:7 gegen das große Real Madrid), der Hamburger SV drang 1961 immerhin bis ins Halbfinale vor, wo er erst im Entscheidungsspiel am FC Barcelona scheiterte.

Nun also der Club. Mit vier Siegen marschierte die junge Elf von Trainer Herbert Widmayer gegen Drumcondra Dublin (5:0 und 4:1) und Fenerbahce Istanbul (2:1 und 1:0) souverän durch die ersten beiden Runden. Dann, im Viertelfinale, wartete ein ganz dicker Brocken: Titelverteidiger Benfica Lissabon.

Eine der stärksten internationalen Leistungen

Im bereits Wochen vor dem Spiel ausverkauften Städtischen Stadion schien schon nach zehn Minuten alles verloren: Cavem hatte Roland Wabra überwunden und aus acht Metern zum 0:1 getroffen.

Doch dann rappelte sich der Club zu einer seiner stärksten internationalen Leistungen überhaupt auf, Gustl Flachenecker spielte so etwas wie das Spiel seines Lebens. Zwei Tore erzielt der Rechtsaußen selbst, das dritte durch Strehl bereitete er mustergültig vor. Der Club gewann mit 3:1, die Spieler freuten sich über die Siegprämie von 50,- DM und träumten vom Einzug ins Halbfinale. "Allein schon dieser Sieg ist ein einmaliger Erfolg", sagte Widmayer nach dem Schlusspfiff, "aber selbstverständlich wollen wir auch im Rückspiel Ehre für den deutschen Fußball einlegen".

Heinz Strehl Torschützenkönig

Im Hexenkessel des Estadio da Luz aber, des "Stadion des Lichts", gingen am 22. Februar 1962 die Club-Lichter aus. Ohne den verletzten Wabra im Tor setzte es vor 70.000 Zuschauern eine derbe 0:6-Abfuhr. Vor allem gegen den großen Benfica-Star Eusebio fanden Strehl und Co. kein Gegenmittel. "Er spazierte durch unsere Reihen, als ob wir Luft für ihn seien", erzählte der Nürnberger Mittelstürmer später. "Wir müssen und werden wieder von vorne beginnen", meinte Trainer Widmayer selbstkritisch.

Ein schwacher Trost für den Club, dass der gleiche Eusebio seine Mannschaft ein paar Monate später zum zweiten Europapokal-Erfolg führte. Zwei Tore der "schwarzen Perle" sowie Treffer von Aguas, Cavem und Coluna bescherten der Benfica den 5:3-Endspielsieg gegen Real Madrid. Immerhin, Heinz Strehl durfte sich dank seiner acht Treffer Torschützenkönig dieser Europapokal-Saison nennen.

Pokal der Pokalsieger 1962/63

Pokal der Landesmeister 68/69: Horst Leupold (r.), J. Cruyff (Mitte)

Für den Club ging das große Abenteuer schon in der folgenden Saison weiter, diesmal im Wettbewerb der Pokalsieger. Nach Erfolgen über AS St. Etienne (0:0 und 3:0) und BK 1909 Odense (1:0 und 6:0) zogen die Nürnberger ins Halbfinale ein, wo sie auf den spanischen Pokalsieger Atletico Madrid trafen. Wieder einmal war das Städtische Stadion bis auf den letzten Platz gefüllt, als beide Mannschaften am 10. April 1963 aufs Feld liefen.

Wie gegen Benfica geriet der 1.FCN sehr früh, in der 21. Minute, 0:1 in Rückstand, wie gegen Benfica bäumte sich der Club noch einmal auf. Vor allem Max Morlock, der wenige Wochen zuvor seinen "Rücktritt vom Rücktritt" erklärt hatte, zeigte eine bewundernswerte Energieleistung und leitete die Wende ein, die Tasso Wild mit zwei Toren in der 31. und 71. Minute besiegelte.

Aufregung im Halbfinal-Hinspiel: In der 75. Minute eskalierte die Partie. Steff Reisch erinnert sich: "Heinz Strehl lief einem Ball nach, den der spanische Torhüter sicher fing. Im Vorbeigehen streckte der Madrider Schlussmann seinen Fuß heraus und traf Strehl, der mit einem Aufschrei zu Boden ging. Torhüter Madinabeytia spielte den Unschuldsengel, Schiedsrichter Kingston fiel darauf herein. Inmitten dieser unübersichtlichen Situation fühlte ich plötzlich die Faust von Ramiro in meinem Gesicht. Ich ging ebenfalls zu Boden."Nach diesen ungeahndeten Tätlichkeiten der Spanier stürmte eine Handvoll Nürnberger Zuschauer wutentbrannt aufs Feld, das Spiel stand kurz vor dem Abbruch und konnte erst nach langer Unterbrechungspause zu Ende geführt werden.

Noch nie so nahe an einem Europapokal-Endspiel"Club-Spieler, beruhigt euch", schrieb das Sportmagazin vor dem Rückspiel. "Maßnahmen, dass das Spiel in Madrid in normalen Bahnen abläuft, sind getroffen. Die UEFA, der DFB sowie der Schweizer Schiedsrichter sind informiert und gewarnt." An Schiedsrichter Huber lag es dann auch wirklich nicht, dass sich das 2:1 zwei Wochen später, am 24. April 1963, in Madrid als zu dünnes Polster erwies.Vor 115.000 fanatischen Zuschauern, die selbst die Nürnberger Reservespieler mit einem wüsten Pfeifkonzert eindeckten, als sie sich auf der Aschenbahn zeigten, rannte der Club den zwei Toren der Spanier (45., 57.) in der letzten halben Stunde vergeblich hinterher. Trotz bester Chancen scheiterte der deutsche Pokalsieger immer wieder an Madinabeytia und verpasste das wichtige Tor, das ein Entscheidungsspiel zur Folge gehabt hätte. Trainer Widmayer: "Der Club war einem Europacup-Endspiel nie zuvor so nahe. "Nie zuvor und nie mehr danach. Viertelfinale beim ersten, Halbfinale beim zweiten Auftritt: Es hatte so gut begonnen, das internationale Abenteuer.

Kurzauftritt im Europapokal der Landesmeister 1968/69Doch seit jenem 24. April 1963 bestritt der Club insgesamt nur noch vier Europapokal-Spiele. Zunächst legte er 1968/69 einen Kurzauftritt im Landesmeister-Wettbewerb hin. Das Los bescherte den Mannen Max Merkels schon in der ersten Runde als Gegner den aufstrebenden holländischen Meister Ajax Amsterdam um Superstar Johan Cruyff.

Im Nürnberger Hinspiel sprang dank eines Tores von Georg Volkert noch ein 1:1-Unentschieden heraus, doch in Amsterdam hatte der Club 14 Tage später beim 0:4 keine Chance. Eine Schlappe, die angesichts des Unheils, das sich zur gleichen Zeit in der Bundesliga zusammenbraute, kaum ins Gewicht fiel. "Bei uns lief heute einfach nichts zusammen", meinte Merkel lakonisch, und Georg Volkert ergänzte: "Ich möchte den Verein kennenlernen, der in Amsterdam gewinnt!".

UEFA-Pokal 1988/89 gegen den AS Rom

Nach der Niederlage in Amsterdam stand der Club zwei Jahrzehnte lang im internationalen Abseits. Erst zwanzig Jahre später, am 7. September 1988, endete im Flaminio-Stadion von Rom die endlose Zeit des Wartens. In der ersten Runde des UEFA-Pokals 1988/89, für den er sich durch seinen fünften Bundesliga-Rang qualifiziert hatte, meldete sich der Club mit einem Paukenschlag zurück: Beim AS Rom, dem mit Stars gespickten Klub des deutschen Nationalstürmers Rudi Völler, gelang der Elf von Trainer Hermann Gerland ein sensationeller 2:1-Sieg.

Dieter Eckstein und Souleymane Sane, der schnellste Sturm der Bundesliga, erzielten die Tore. "Das ist der größte Triumph der Vereinsgeschichte", jubelte Präsident Gerd Schmelzer, der offensichtlich ebenso den Überblick verloren hatte wie die 2.000 mitgereisten Club-Fans. Die hatten die 90 Minuten wie Gefangene verfolgen müssen - eingepfercht in einen engen Block, bei stickiger Luft und fast ohne Sicht aufs Spielfeld.

Im eigenen Stadion zerplatzten die Träume

Die Nürnberger Träume zerplatzten schon im Rückspiel. Vor nur rund 20.000 Zuschauern - nach einer missglückten Eintrittskarten-Aktion des neuen Managers Heinz Höher blieben selbst in der "Baustelle Franken-Stadion" einige tausend Plätze frei - strich der Club durch eine unglückliche 1:3-Niederlage nach Verlängerung die Segel. In der Saison 1991/92 schrammte Nürnberg nochmal um ganze zwei Punkte an einem UEFA-Pokalplatz vorbei.

Ansonsten standen die neunziger Jahre im Zeichen des Abstiegskampfes, der Zweit- oder Drittklassigkeit. Erst mit dem Gewinn des DFB-Pokals in der Saison 2006/07 qualifizierte sich der Club endlich wieder für einen internationalen Wettbewerb, den UEFA Cup. Am 20. September, 20.45 Uhr, hieß es im Erstrunden-Hinspiel gegen Rapid Bukarest nach 19-jähriger Abstinenz: Bühne frei für einen Europapokal-Auftritt des Club! Nach dem 0:0 im easyCredit-Stadion war der 1.FCN dann durch ein 2:2 in Rumäniens Hauptstadt für die Gruppenphase teilnahmeberechtigt.

1/16-Finale in der Saison 2007/08

Und dort gelang nach einer 0:2-Niederlage gegen Everton, einem 2:2-Unentschieden in St. Petersburg und dem 2:1 gegen Alkmaar im entscheidenden letzten Spiel mit dem 3:1 bei Larissa FC die Qualifikation als Tabellenzweiter!

Der Club überwinterte als Gruppenzweiter in Europa - wer hätte das prophezeit? Mit dem 1/16-Final-Gegner Benfica Lissabon wurde dem 1. FC Nürnberg ein echter Kracher zugelost. Gegen die Portugiesen war nach packenden, kämpferischen Auftritten leider Endstation für die Franken auf Europatour. Im Hinspiel schlug sich das Team in der von tausenden Club-Fans in rot-schwarz getauchten portugiesischen Hauptstadt achtbar. 1:0 - alles war noch offen.

Im Rückspiel, das wie alle UEFA-Pokal-Partien des Club in der Saison 2007/08 erneut vor ausverkauftem Haus stieg, war das Achtelfinale bis kurz vor Ende der Partie zum Greifen nahe. Erst ein ganz später Doppelschlag der Lissaboner verwandelte die 2:0-Führung der Cluberer in den 2:2-Endstand, welcher das bittere Aus für die Nürnberger auf europäischer Bühne bedeutete.

Die Texte und Bilder stammen mit freundlicher Genehmigung aus dem Buch "Der Club - 100 Jahre Fußball", erschienen im Verlag W. Tümmel. Das Buch gibt es im
1.FCN-Fan-Shop.

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