Profis Dienstag, 14.04.2020

Virgil Misidjan: "Ich wollte es mir selbst beweisen"

Foto: Sportfoto Zink

Seit Montag ist Virgil Misidjan zurück in Nürnberg. Im Interview spricht der Niederländer über seine Verletzungspause, seine Reha in der Heimat und darüber, was er am meisten vermisst hat.

fcn.de: Wie geht es dir?

Virgil Misidjan: Es geht mir sehr gut. Ich habe eine sehr gute Reha hinter mir. Ich konnte sie sogar genießen, obwohl es eigentlich keine schöne Situation ist, wenn man verletzt fehlt. Man möchte natürlich Fußball spielen, also denkst du die ganze Zeit darüber nach, wie du schnellstmöglich wieder auf den Platz zurückkommen kannst. Aber nichtsdestotrotz habe ich die Reha in einer gewissen Art und Weise auch genossen.

fcn.de: Auf deinen Instagram-Videos ist ein großer Fortschritt deiner Genesung erkennbar. Wie zufrieden bist du mit dem Verlauf?

Virgil Misidjan: Es sieht wirklich sehr gut aus. Mein Physiotherapeut und mein Arzt aus dem Rehazentrum in den Niederlanden sind sehr zufrieden mit dem Verlauf, mit der Art und Weise wie ich mich bewege. Es gibt fast keine Unterschiede mehr, wie ich mich vor der Verletzung bewegt habe und jetzt nach der Reha. Das sieht wirklich sehr gut aus.

fcn.de: Gibt es einen Zeitplan, wann du wieder ins Training auf dem Platz einsteigen kannst?

Virgil Misidjan: Seit Montag arbeite ich individuell auf dem Platz und im Kraftraum am Valznerweiher. Zum Ende der Woche absolviere ich dann noch spezielle Testungen. Ich hätte eigentlich vor rund einem Monat schon nach Nürnberg kommen sollen, aber durch die Entwicklungen rund um das Corona-Virus war das nicht möglich.

fcn.de: Ist der Zeitpunkt der Liga-Unterbrechung für dich deshalb gar nicht so schlecht, weil du dadurch eventuell die Möglichkeit hast, in dieser Saison noch einmal auf den Platz zurückzukehren?

Virgil Misidjan: Für mich ist das tatsächlich ein Vorteil. Natürlich ist die Gesamtsituation rund um das Corona-Virus nicht schön. Ich hätte mir lieber gewünscht, dass es anders gelaufen wäre, weil es vielen Menschen sehr schlecht geht, niemand seinem alltäglichen Leben nachgehen und auch kein Fußball aktuell gespielt werden kann. Fußballspiele im Stadion vermisse ich schon sehr, aber es gibt aktuell viel Wichtigeres als das. Aber klar, für meinen Rehaplan ist die Situation in gewisser Weise ein Vorteil.

fcn.de: Wie ist denn die Situation in Holland bezüglich Corona?

Virgil Misidjan: Es ist schon ein bisschen anders als beispielsweise in Deutschland. Die Schulen und Kindergärten sind auch bei uns geschlossen und auch das alltägliche Leben ist eingeschränkt. Aber man sieht dennoch viele Kinder auf den Straßen, die zum Beispiel Fußball spielen. Es sieht ein bisschen so aus, als wären dauerhaft Ferien.

fcn.de: Was hast du von der Situation in Deutschland mitbekommen?

Virgil Misidjan: Ein bisschen was habe ich schon mitbekommen. In Deutschland werden die Beschränkungen deutlich konsequenter umgesetzt als in manch anderen Ländern. Das sieht man auch an den aktuellen Zahlen.

fcn.de: Wie war in der Zeit der Kontakt zum Club?

Virgil Misidjan: Meine Physiotherapeuten hier in Zeist haben jede Woche ein Update an unseren Physio James Morgen in Nürnberg geschickt. Die beiden hatten entsprechend regelmäßig Kontakt und haben sich ausgetauscht. Auch mit den Jungs hatte ich immer wieder Kontakt, beispielweise mit Hanno, Ishak, Valentini oder Dovedan. Ich habe auch noch Kontakt zu einigen ehemaligen Spielern wie Timmy Tillman oder Alex Fuchs. Also stand ich in der ganzen Zeit immer wieder in Verbindung mit der Mannschaft.

fcn.de: Wie ist es dir mental in dieser Zeit ergangen? Deine Familie war für dich sicherlich ein großer Rückhalt.

Virgil Misidjan: Auf jeden Fall. Es ist nie schön, wenn man verletzt ist und erst recht nicht, wenn es eine so schwere Verletzung ist, wie ich sie hatte. Es gibt auch keinen perfekten Moment, um verletzt zu sein. Aber dennoch habe ich die Situation schnell für mich angenommen und mir gesagt, dass ich ohnehin nichts mehr daran ändern kann. Das einzige, was ich jetzt machen kann, ist, mich voll und ganz auf die Reha zu konzentrieren, um bestmöglich zurück zu kommen. Und das habe ich von Anfang an getan. Das fing mit der Operation an, die fünf Tage nach meiner Verletzung war. Von da an habe ich für mich die Herausforderung angenommen und mich voll und ganz auf mein Comeback fokussiert. Die Reha in den Niederlanden hat mir dabei auch sehr geholfen, weil ich näher bei meiner Familie sein konnte und die Menschen mich hier sehr unterstützt haben.

fcn.de: Was hat dich auf deinem Weg zurück motiviert oder dir Kraft gegeben?

Virgil Misidjan: Ich wollte einfach so schnell wie möglich zurückkommen. Das möchte natürlich jeder nach einer Verletzung. Aber bei mir war es nochmal etwas anderes, weil die Ärzte mir gesagt haben, dass es zehn bis zwölf Monate dauern wird, bis ich wieder regelmäßig am Spielbetrieb teilnehmen kann. Das hat mich in gewisser Weise motiviert, weil ich mir selbst beweisen wollte, dass es auch schneller gehen kann. Da besteht natürlich die Gefahr, dass man etwas erzwingt und nach ein, zwei Wochen einen Rückschlag erleidet. Das wollte ich vermeiden. Ich wollte zeigen, dass ich früher zurückkehren kann, aber auch in einer guten Verfassung. Dieses Ziel hat mich angetrieben. Jetzt bin ich sehr glücklich, dass ich nach rund acht Monaten wieder in Nürnberg bin und hoffentlich alle Tests erfolgreich absolviere.

fcn.de: Wie sah dein Training zuletzt aus?

Virgil Misidjan: Ich habe in Zeist viel gearbeitet, beispielsweise im Eins-gegen-eins. Das macht mein Spiel aus, die Dribblings und Richtungswechsel. Das konnte ich hier bereits erarbeiten. Jetzt ist hoffentlich der nächste Schritt, bald ins Gruppentraining einzusteigen, um wieder diesen Rhythmus aufzunehmen und zu sehen, wie ich mit der Belastung klarkomme.

fcn.de: Was hast du während deiner Pause am meisten vermisst?

Virgil Misidjan: Ich vermisse ganz besonders die Atmosphäre und die Wettkämpfe im Stadion, der Jubel nach einem Tor, die Fans, die für uns singen. Gemeinsam mit dem Team Siege feiern können. All das habe ich sehr vermisst. Auch wenn es wahrscheinlich noch eine Weile dauern wird, bis wir wieder vor Zuschauern spielen können. Natürlich freuen wir uns, wenn wir wieder Fußball spielen dürfen. Aber wir spielen doch alle, um die Fans glücklich zu machen.

fcn.de: Im Mai wird aktuell geplant, die Saison fortzusetzen. Wäre das aus deiner Sicht die richtige Entscheidung?

Virgil Misidjan: Aus meiner Sicht wäre es schön für den deutschen Fußball, wenn es im Mai wieder weitergeht. Ich hoffe, dass es eine Möglichkeit geben wird, dass die Saison fortgesetzt werden kann, sofern sich die Infektionszahlen in eine positive Richtung entwickeln.


]]>