Union Berlin: Zwischen Anspruch und Realität
Vor dem kommenden Auswärtsspiel gegen den 1. FC Union Berlin hat fcn.de den kommenden Gegner etwas genauer unter die Lupe genommen.
- Die Mannschaft
Schon im vergangenen Jahr sprach man bei Union von einem personellen Umbruch. Der erhoffte Effekt blieb aber aus. Auch vor dieser Saison drehten die Berliner deshalb wieder fleißig am Personalkarussell. Neun Neuzugänge, darunter Bobby Wood, Benjamin Kessel und Maximilian Thiel kamen. Doch lediglich die beiden Letztgenannten konnten bisher rundum überzeugen. Benjamin Kessel ist inzwischen sogar Kapitän der Eisernen. In manch anderen Vereinen scheint es schier undenkbar, einen Neuzugang nach solch kurzer Zeit als Kapitän zu installieren.
Alteingesessene wären pikiert oder würden sich womöglich gar übergangen fühlen. Nicht aber bei den Ostberlinern, denn Kessels Stellvertreter, Maximilian Thiel, kam ebenfalls erst in der Sommerpause und ist mit 22 Jahren wohl kaum als erfahrener Union-Recke zu bezeichnen. Die Gründe für die jetzige Kapitänswahl liegen aber ganz woanders. Vor etwa anderthalb Jahren hieß es erstmals, dass die sportliche Leitung des FCU eine Neuausrichtung des Kaders anstrebe. Nach kleineren Zwistigkeiten mit Alt-Kapitän Torsten Mattuschka verließ dieser die Köpenicker schließlich und hinterließ ein Führungsvakuum, welches auch Ex-Kapitän Damir Kreilach vorübergehend nicht zu schließen vermochte.
- Der Trainer
Am 1. Juli 2007 begann die bislang längste Liaison zwischen Verein und einem Trainer, ganze sieben Jahre später endete sie. Uwe Neuhaus war zu diesem Zeitpunkt nicht nur der am längsten amtierende Trainer der Vereinsgeschichte, vielmehr war der mittlerweile 55-Jährige sogar der dienstälteste Trainer im deutschen Profifußball. Neuhaus legte praktisch das sportliche Fundament, auf dem der Verein aktuell steht. Durch die stetig wachsenden Ansprüche wurde die "eiserne" Beziehung letztlich doch von Rost befallen.
Norbert Düwel übernahm, wollte mit modernem Konterfußball den Ansprüchen der Köpenicker gerecht werden. Seine Mannschaft wirkte allerdings teilweise überfordert. Statt ansehnlichen Offensivfußball zu sehen, bangten Verein und Fans zwischenzeitlich sogar um die Zweitliga-Zugehörigkeit. Eine Beziehung, wie sie unter Neuhaus Bestand hatte, wurde es nicht annähernd. Unzureichende Ergebnisse, zudem polarisierte der gebürtige Altöttinger nicht nur in den Fankreisen - die Schweißnaht begann zu reißen und der Verein tat das, was ihn normalerweise nicht auszeichnet: Der Treueschwur wurde gebrochen, die Bindung kurzerhand aufgelöst. Wie sehr die Ansprüche bei Union mittlerweile gestiegen sind, verdeutlicht der früh gewählte Zeitpunkt für die Entlassung. Nachfolger wurde Sascha Lewandowski, der über Erstligaerfahrung verfügt, als Taktikfuchs gilt und sich als akribischer Arbeiter bei Bayer Leverkusen einen Namen machte.
- Die Historie
Momentan rangiert der 1. FC Union Berlin mit lediglich 14 Punkten nach 13 Spielen wieder im Niemandsland der 2. Bundesliga. Vom Saisonziel, zu "den besten 20 Mannschaften Deutschlands" zu gehören, wie es Union-Präsident Dirk Zingler vor der Spielzeit definierte, ist der Verein weit entfernt. Seit Jahren zeichnet sich in Ostberlin ein wiederkehrendes Schema ab. Sobald der Aufstieg ein Mal mehr medial konkretisiert wird, scheint eine regelrechte Blockade den Spielbetrieb zu stören. Schon nach der ersten Runde war der Pokalwettbewerb in diesem Jahr kein Thema mehr. Was folgte, war, beziehungsweise, ist sportliche Unbeständigkeit. In den letzten sieben Jahren reichten die Platzierungen des 1. FCU daher vom siebten bis zum 14. Tabellenplatz und auch die Pokalhistorie verrät, sechs Mal war spätestens nach der zweiten Pokalrunde Schluss, nur ein Mal qualifizierte sich Union sogar für das Achtelfinale.
Rückblickend war auch der 1. FC Nürnberg Nutznießer der sportlichen Durststrecke der "Schlosserjungs". In bisher erst vier Aufeinandertreffen ging der 1. FCN immer als Sieger vom Platz. Zudem steht diese Partie für Tore satt. Durchschnittlich fielen in den vier Ligaspielen stolze 4,75 Tore. Ob sich die Tatsachen durch Sascha Lewandowski ansatzweise verändern werden, bleibt abzuwarten. Immerhin verlor der 44-Jahre alte Fußballlehrer auch noch keines seiner vier Spiele gegen den 1. FC Nürnberg.
- Die Besonderheiten
Schon fast "fuffzich"-Jahre, wie es in der Berliner Mundart heißt, existiert der "etwas andere Verein" an der Wuhle nun schon. Das "Ich-bin-was-ganz-Verrücktes"-Image kristallisierte sich aber erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlicher heraus. Von einem Arbeiterklub, den der 1. FC Union Berlin ursprünglich darstellte, ist heutzutage nicht mehr allzu viel zu finden.
Besonderheiten hält der Verein viele bereit. Sei es das alljährlich stattfindende Weihnachtssingen, das eigene Fanschiff oder einfach nur die alternative Atmosphäre, die diesen Verein umgibt. Da wundert es kaum, dass eine Fan-Freundschaft zum nördlichen Pendant aus dem Hamburger Stadtteil St. Pauli existiert.
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- 1. FC Union Berlin
- 21. Bobby Wood 1:1
54. Steven Skrzybski 2:1
58. Roberto Puncec (Kopfball) 3:1
- 1. FC Nürnberg
- 5. Hanno Behrens 0:1
65. Alessandro Schöpf 3:2
75. Patrick Erras 3:3
- Stadion
- Stadion An der Alten Försterei
- Datum
- 07.11.2015 12:00 Uhr
- Schiedsrichter
- Robert Kampka
- Zuschauer
- 21552
- 1. FC Union Berlin
- Haas - Leistner - Puncec - Parensen - Fürstner - Zejnullahu (80. Quaner) - Trimmel - Kreilach
- Thiel - Wood (71. Redondo) - Skrzybski (71. Brandy)
- Reservebank
- Amsif, Daube, Korte, Quiring, Redondo, Brandy, Quaner
- Trainer
- Sascha Lewandowski
- 1. FC Nürnberg
- Kirschbaum - Brecko (90. Hovland) - Margreitter
- Bulthuis
- Sepsi - Behrens
- Erras - Schöpf - Leibold
(56. ERROR!) - Füllkrug (64. Blum) - Burgstaller
- Reservebank
- Rakovsky, Hovland, Blum, Evseev, ??, Polak, Sylvestr
- Trainer
- René Weiler










