Profis Teamcheck Samstag, 15.08.2015

Teamcheck 1860: Die neuen, alten Löwen

Foto: Picture Alliance

Im Ligabetrieb ist der TSV 1860 München noch ohne Sieg, im DFB-Pokal besiegelten die Löwen das Ausscheiden eines Bundesligisten. fcn.de hat die wichtigsten Fakten zum kommenden Gegner zusammengestellt.

  • Die Mannschaft

    Tabellarische Turbulenzen und Unruhen in der sportlichen Leitung - die zurückliegende Saison war wahrlich nicht von Ruhe geprägt. Aufs Hier und Jetzt wirkt sich die vergangene nervenaufreibende Spielzeit übrigens immer noch aus. Zum ersten Mal seit dem 2004 erfolgten Abstieg aus Liga 1 sind die Löwen nunmehr in eine Zweitliga-Spielzeit ohne das bislang immer wiederkehrende Ziel Aufstieg gegangen: Weder brachten sie es selbst ins Spiel, noch wurden sie von außen damit in Verbindung gebracht. Im Gegenteil: Nicht wenige Prognostiker sahen die Mannschaft erneut im Tabellenkeller. Vor allem weil bei den Löwen im Lauf der Vorbereitung Sportdirektor Gerhard Poschner seinen Posten räumen musste, sich anderseits aber in puncto Neuverpflichtungen vergleichsweise wenig rührte, und sich mit Julian Weigl gleichzeitig ein großes Talent in Richtung Dortmund verabschiedete. Im Training können die Münchner derzeit nicht immer elf gegen elf spielen.

    All dies ist Wasser auf den Mühlen der Skeptiker gewesen, die sich auch von der aktuellen Tabelle bestätigt sehen: Mit null Punkten und null Toren rangieren die Münchner auf einem Abstiegsrang. Alles klar!? Von wegen! Erstens besitzt die Tabelle generell nach nur zwei Spieltagen nur bedingt Aussagekraft, zum anderen liefert sie nur nackte Zahlen, verrät aber nichts darüber, wie diese zustande gekommen sind. In Heidenheim (0:1) und gegen Freiburg (0:1) waren die Löwen jedenfalls alles andere als unterlegen, dem Absteiger aus dem Breisgau begegneten sie mindestens auf Augenhöhe und kassierten eine unglückliche Niederlage. 

    • Die Geschichte

    Nicht jede Bestmarke, selbst wenn sie positiver Natur ist, löst Freude aus. Frag nach bei den Münchner Löwen, die in einem Punkt bereits jetzt alle anderen Zweitligisten überflügeln: Sie gehören nunmehr seit zwölf Jahren ununterbrochen der 2. Liga an. Nur, diesen Spitzenwert, den sich viele, viele andere Klubs in Deutschland voller Stolz einrahmen lassen würden, löst bei den 60ern gelinde ausgedrückt wenig Begeisterung aus. Typisch Traditionsverein, das Selbstverständnis befiehlt nun einmal Erstklassigkeit - und sonst nichts.

    Wobei, halt, vor wenigen Wochen noch herrschte bei den Münchnern in dieser Beziehung Ausnahmezustand. Da hatten sie die 2. Liga nämlich plötzlich sehr lieb, lagen sich letztendlich jubelnd in den Armen, weil sie weiter in ihr spielen durften. Klar, die Perspektive ist eben relativ. Mit Mühe, Not und einem glücklichen 2:1-Heimsieg über den Club retteten sich die Löwen in der vergangenen Spielzeit vor dem direkten Abstieg und in die Relegation. Und auch dort sah es für den TSV lange nicht nach einem Happy End aus. Erst in der Nachspielzeit des zweiten Spiels zu Hause gegen Holstein Kiel sprangen sie dem Abstiegs von der Schippe.

    Eine spektakuläre Last-Minute-Rettung, die zu der ohnehin kuriosen Saison passte. Im vergangenen Sommer gingen die Löwen nämlich ungewöhnlich forsch in die Offensive, allen voran der damalige Trainer Ricardo Moniz. Der befeuerte die Aufstiegssehnsucht des Vereins und dessen treuen wie riesigen Umfelds auf höchst ungewöhnliche Weise: Vor der Spielzeit beantwortete er auf die obligatorische Frage nach den Aufstiegskandidaten nur mit „wir – und zwar als Meister“. Es sollte dann, siehe oben, doch etwas anders kommen.

    • Der Trainer

    Die Bestätigung jener guten Leistung folgte prompt im DFB-Pokal: Den Bundesligisten Hoffenheim schlugen die 60er nicht nur mit 2:0, sie dominierten ihn auch auf eklatante Art und Weise, dokumentiert vom Chancenverhältnis von 9:1. Das vermeintlich Überraschende daran: In der Anfangself stand mit Milos Degenek nur ein Neuer, und der ist aus der 3. Liga vom VfB Stuttgart II gekommen. Anders ausgedrückt: Die nahezu identische Mannschaft, die vergangene Saison bitter enttäuschte und viel Kritik wie auch Häme einstecken musste, überzeugt nun kämpferisch wie auch spielerisch als geschlossen auftretende Einheit.

    Trainer Torsten Fröhling indes verwundert dies nicht. „Ich habe schon in der vergangenen Saison gesagt, dass diese Mannschaft eine gute Qualität hat“, sagt der knorrige Norddeutsche, der nun in der Vorbereitung die Zeit nutzte, um die Strukturen und die Spielweise des Teams auch ohne die angekündigten namhaften Neuzugänge zu verfeinern und zu verbessern. Was ihm sicherlich auch half: die Rettung auf den letzten Drücker und der Umstand, dass der Mannschaft so wenig zugetraut wurde. In der Summe ließ dies seine Spieler getreu der Devise „jetzt erst recht“ noch enger zusammenrücken. So wunderte sich zum Beispiel Keeper Stefan Ortega, dass sich so viele über das Wie des 2:0 über Hoffenheim wunderten: „In der letzten Zeit haben wir nur auf die Fresse gekriegt. Aber uns allen ist klar gewesen, dass wir nicht so blind sind.“ 

    • Kurioses 

    Besondere Kontakte pflegt der Münchner Verein zu den ganz großen Namen der europäischen Fußballbühne - zumindest über mehrere Ecken. Vier Jahre sind mittlerweile vergangen, doch der Promi-Flair ist wieder nach München zurückgekehrt. Was Emanuel Biancucchi, Cousin von Weltfußballer Lionel Messi, vor vier Jahren nicht schaffte, soll einem namhaften Neuzugang für das Mittelfeld nun gelingen. Romuald Lacazette, der drei Jahre jüngere Cousin von Ligue 1-Torschützenkönig Alexandre Lacazette, soll bei den Löwen den Durchbruch schaffen - anders als einst Biancucchi, der mittlerweile in Brasilien um den Klassenerhalt spielt.  

    Lacazette reiste zum Probetraining ins Sechzig-Trainingslager nach Österreich mit und wusste prompt zu überzeugen. Ex-TSV- Sportdirektor Gerhard Poschner verpflichtete den 21- Jährigen von Paris St. Germains Reservemannschaft und stattete ihn mit einem Zweijahresvertrag aus. Es bleibt abzuwarten, ob sich der nächste Lacazette für höhere Aufgaben empfehlen kann. Vorerst wird es mit 1860 aber erst mal um eine gesicherte Tabellensituation gehen.

     

     

    Spieldaten

    3. Spieltag, 2. Bundesliga 2015/2016
    2 : 2
    1. FC Nürnberg
    54. Guido Burgstaller 1:1
    63. Niklas Stark 2:1
    1860 München
    45. Kai Bülow (Kopfball) 0:1
    74. Daniel Adlung 2:2
    Stadion
    Grundig-Stadion
    Datum
    17.08.2015 19:15 Uhr
    Schiedsrichter
    Robert Kampka
    Zuschauer
    36547

    Aufstellung

    1. FC Nürnberg
    Kirschbaum - Brecko - Hovland - Bulthuis - Stark - Petrak - Polak - Behrens (46. Gíslason) - Burgstaller (86. Kutschke) - Schöpf (46. Füllkrug) - Blum
    Reservebank
    Rakovsky, Leibold, Füllkrug, Gíslason, ??, Kutschke, Sylvestr
    Trainer
    René Weiler
    1860 München
    Eicher - Kagelmacher - Schindler - Bülow - Wittek - Degenek - Adlung - Claasen (90. Vollmann) - Wolf (87. Mulic) - Hain (68. Mvibudulu) - Okotie
    Reservebank
    Ortega Moreno, Kovac, Francisco de Lima, Vollmann, Mulic, Mvibudulu, Simon
    Trainer
    Torsten Fröhling

    Ereignisse

    45.(+1) min Spielstand: 0:1
    Kai Bülow

    46. min Spielstand: 0:1
    Rúrik Gíslason kommt für Hanno Behrens

    46. min Spielstand: 0:1
    Niclas Füllkrug kommt für Alessandro Schöpf

    50. min Spielstand: 0:1
    Jan Polak

    54. min Spielstand: 1:1
    Guido Burgstaller

    63. min Spielstand: 2:1
    Niklas Stark

    68. min Spielstand: 2:1
    Stephane Mvibudulu kommt für Stephan Hain

    73. min Spielstand: 2:1
    Danny Blum

    74. min Spielstand: 2:2
    Daniel Adlung

    78. min Spielstand: 2:2
    Dave Bulthuis

    86. min Spielstand: 2:2
    Stefan Kutschke kommt für Guido Burgstaller

    87. min Spielstand: 2:2
    Fejsal Mulic kommt für Marius Wolf

    90.(+2) min Spielstand: 2:2
    Korbinian Vollmann kommt für Daylon Claasen

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