Fans Dienstag, 22.12.2020

Matchworn-Trikots beim FCN: "Je mehr Gebrauchsspuren, desto besser"

Tim Handwerker beim Unterzeichnen eines Matchworn-Trikots

Beim Heimsieg gegen Würzburg lief der Club im Weihnachtstrikot auf - ab dieser Woche kann man einige dieser von Club-Profis getragenen Trikots im Fanshop erwerben. Doch was sind eigentlich "matchworn"-Trikots? Was macht sie besonders? Sebastian Seifert, Leiter Merchandising & Vetriebsmarketing beim FCN, spricht über Einzelstücke, Sonderflocks, Geruchsspuren und Sammelleidenschaften…

fcn.de: Vorab zunächst eine grundsätzliche Frage: Ein Trikot ist ein Trikot ist ein Trikot. Oder gibt es Unterschiede zwischen den Trikots aus dem Fanshop und denen der Profis?

Sebastian Seifert: Bei uns sind die Trikots aktuell identisch und unterscheiden sich letztendlich nur gelegentlich durch einen abweichenden Rückenflock oder Sonderbadges, die es offiziell nicht käuflich zu erwerben gibt. Beispielsweise das Exasol-Trikot vom ersten Spieltag gegen Regensburg, die Corona-Badges aus der letzten Saison oder unsere DFB-Pokal-Trikots. Andere Vereine haben oftmals abweichende Stoffzusammensetzungen oder gar Schnitte im Einsatz, die dann noch „performance-orientierter“ als die „Fantrikots“ sein sollen – leichter, athletischer geschnitten, noch atmungsaktiver oder mit einem dünneren Vereinslogo. Die sind dann meist auch direkt teurer sowie aufwendiger in der Herstellung und somit häufiger bei den Topvereinen oder der Nationalmannschaft zu finden.

fcn.de: Wie ist der Ablauf, nachdem die Trikots in einem Spiel getragen – also matchworn – sind?

Sebastian Seifert: Wir bekommen von der Lizenzabteilung in regelmäßigen Abständen Trikots – für den Fanshop, vereinzelte Sammler, Sponsoren oder Versteigerungen für den guten Zweck.  Dabei greifen wir die Trikots – meist direkt kurz nach der Rückkehr der Mannschaft – bei unserem Zeugwart ab.

fcn.de: Ungewaschen?

Sebastian Seifert: Ja, bevorzugt. Das unterstreicht die Authentizität und steigert letztendlich auch den Wert sowie die Begehrlichkeit bei den Sammlern – je mehr Geruchs- & Gebrauchsspuren, desto besser. (lacht)

fcn.de: Es geht aber nicht nur um den Geruch und Rasenflecken. Was macht ein Trikot für einen Sammler besonders wertvoll?

Sebastian Seifert: Wie immer gilt: Je seltener das Trikot, je erfolgreicher der Spieler, desto wertvoller. Das Original-Trikot des Wembley-Torschützen Geoff Hurst von 1966 wurde von Sotheby‘s mit rund 500.000 Euro taxiert, ein Pele-Trikot für 260.000 Euro verkauft. Auf dem Memorabilienmarkt ist ein matchworn Trikot eines internationalen Top-Spielers schnell über 1.000 Euro wert, aber auch unsere Leibchen sind gut gefragt.

fcn.de: Was macht Club-Trikots vor allem begehrt?

Sebastian Seifert: Sondertrikots, wie vom „Trikottausch“ mit Schalke oder mit dem legendären „Der Club“-Flock, Leibchen aus den Pokalspielen mit abweichendem Ärmelflock, unsere Weihnachtstrikots oder auch Trikots, die kaum gespielt wurden, von großen Erfolgen, wie dem Pokalfinale oder wichtigen Spielern und Spielen, wie das „90+6“-Trikot von Schleuse aus Ingolstadt - all das steigert den Wert. Wobei direkt verraten sei, dass beide Relegations-Trikots von Fabi bei uns unter Verschluss sind und das entscheidende Trikot sicher im Museum landen wird.

fcn.de: Es gibt zwei Relegations-Trikots von Fabian Schleusener?

Sebastian Seifert: Ja, für jeden Spieler und jedes Spiel sind immer zwei identische Trikots vorbereitet. So kann getauscht werden, sollte z.B. mal eines im Spiel beschädigt werden. Oftmals wechseln die Jungs zudem das „verschwitzte“ Trikot auch in der Halbzeit – dann gibt es zwei „matchworn“-Trikots. Wird nicht gewechselt oder kommt der Spieler bzw. das Trikot nicht zum Einsatz, ist es „prepared“ – das Dress war also „dabei“, entstammt der Trikot-Kiste und lag auf der Bank, war aber eben nicht am Rasen im Einsatz.

fcn.de: Tauchen mehr als zwei Trikots aus einem Spiel aus, wäre es also Fälschungen?

Sebastian Seifert: Es sind zwei Trikots pro Spiel und Spieler vom Zeugwart vorbereitet. Das sind die offiziellen Trikots, die wir auch bestmöglich erfassen und protokollieren – insbesondere, wenn sie verkauft werden. Wir flocken nichts nach oder „faken“ Ware. Aber dennoch sind gelegentlich Trikots im Umlauf, wo ich weiß: Da stimmt was nicht.

fcn.de: Hast du Beispiele?

Sebastian Seifert: In einer Facebook-Sammlergruppe gab es vor einiger Zeit ein 2019er Weihnachtstrikot zu kaufen, dessen Nummer nicht zu unseren Aufzeichnungen passte. Oder ein angebliches Spielertrikot vom „Trikottausch“ mit Schalke, welches nicht die erforderliche Rosafärbung des Rückenflocks aufwies. Diese Besonderheit entstand, da wir für die Lizenzspieler damals Rückenflock ohne „Blocker“ verwendet hatten und es direkt die rote Farbe durchdrückte. Das angebotene Trikot war somit sicher kein matchworn Trikot. Das ärgert mich dann schon, wenngleich mir bewusst ist, dass es am Sammlermarkt Fälschungen und schwarze Schafe gibt. Aktuell kann man beispielsweise einzelne Corona-Ärmelflocks für 30 bis 40 Euro bei Ebay kaufen. Ein Schelm, wer Böses denkt…

fcn.de: Was kann man dagegen tun?

Sebastian Seifert: Wir versuchen Fälschungen zu unterbinden, zertifizieren unsere Trikots, lassen die Spieler und unseren Zeugwart unterschreiben und erfassen bei limitierten Trikots bestmöglich die Nummern. Schmeißt ein Spieler das Trikot nach Abpfiff aber in die Fanmenge, fehlt das natürlich. Matchworn und original ist es dann aber trotzdem ...

fcn.de: Wie kommen die Preise zustande?

Sebastian Seifert: Letztendlich regelt das der Markt selbst und auch unsere Erfahrung spielt mit rein. Signiert ist logischerweise teurer als ohne Unterschrift, matchworn ist teurer als prepared und das Trikot des Publikumslieblings oder Torschützen erzielt eine höhere Nachfrage, als der abwanderungswillige Verletzte. Wir orientieren uns oftmals auch an der allgemeinen Preisentwicklung, der Nachfrage, vergleichen mit Ligakonkurrenten und versuchen eine faire Balance zu finden. Es soll für den Sammler attraktiv, für den Fan aber auch noch erschwinglich sein.

fcn.de: Spielen die Spieler die Trikots eigentlich mehrmals oder wird nach jedem Spiel ein neues vorbereitet?

Sebastian Seifert: Nein, natürlich spielen wir die Trikots, zumindest im Ligabetrieb, auch häufiger – insbesondere, wenn wir sie nicht für den Verkauf oder Sponsoren anfordern bzw. die Spieler sie nicht verschenken bzw. heimlich mitnehmen. (lacht)

fcn.de: Passiert das oft?

Sebastian Seifert: Es kommt vor, ist aber völlig okay. Trikots werden mit gegnerischen Spielern getauscht, Fans, Freunde und Familie bitten um ein Präsent und gerade nach einem wichtigen Tor oder einem Debüt, wird das „Stück Stoff“ halt auch für unsere Profis zu einem persönlichen Sammelobjekt.

fcn.de: Ist das für euch kein Problem?

Sebastian Seifert: Nein, Fußball lebt von Emotionen und unseren Fans. Zu sehen, wie sich ein Talent über seinen ersten Profieinsatz oder ein Kind nach einem Spiel freut, wenn es von seinem Idol ein Trikot zugeworfen bekommt, ist mir sicher lieber, als es am Schwarzmarkt zu sehen oder bei Spekulanten zu wissen. Und unsere treuen sowie ehrlichen Sammler, die wir meistens auch namentlich kennen, freuen sich ähnlich, wenn sie eins ergattern. Das Betriebsergebnis entscheiden wir am Ende nicht durch den Verkauf von getragenen Trikots, nur inflationär sowie unterpreisig wollen wir die Leibchen andererseits auch nicht dem Sammlermarkt überlassen. Letztendlich erzählen sie ja auch immer eine Geschichte oder sind Teil der Geschichte, aufgeladen mit Emotionen, die jedes Trikot irgendwie zu etwas Besonderem macht. 

fcn.de: Sammelst du selbst eigentlich auch?

Sebastian Seifert: (lacht) Nein, auch wenn sich in meinem Büro sicher ein paar Schätze verstecken und ich schon ein, zwei Trikots von Spielern geschenkt bekommen habe.

Sebastian Seifert ist beim Club verantwortlich für das Thema Matchworn-Trikots

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