Business Donnerstag, 09.11.2023

Jessica May: Mama, Kleber & Dauerbrennerin

Fotos: Sportfoto Zink

Auch wenn am Samstag bereits der siebte Spieltag für unser Team in der Google Pixel Frauen-Bundesliga ansteht: Erstliga-Partien sind für die Clubfrauen nach wie vor alles andere als gewöhnlicher Alltag. Für eine Spielerin wird die nächste Partie bei der SGS Essen (Sa., 11.11.23, Anstoß 14 Uhr, live auf MagentaSport und DAZN) aber nochmal ein Stück weit besonderer: am Samstag knackt Jessica May die unbeschreibliche Serie von fünf Jahren am Stück, in denen sie für den 1. FC Nürnberg keine einzige Liga-Sekunde verpasste.

Das letzte Mal, dass sie von der Seitenlinie aus zusehen musste, ist bereits so lange her, dass auch ihre eigenen Erinnerungen daran nur spärlich sind. Am 11.11.2018 gastierte der Club bei der zweiten Mannschaft des SC Sand in der Regionalliga Süd. Kurz vor der Pause musste May verletzungsbedingt ausgewechselt werden. „Da habe ich mich direkt vor der Halbzeit verletzt, ich bin damals umgeknickt“, erinnert sie sich noch. 

Dass sie am Samstag ein ganz besonderes Jubiläum feiern darf, liegt auch daran, dass sie von weiteren Verletzungen in dieser Zeit verschont blieb. „Natürlich wünscht man sich, dass man verletzungsfrei bleibt. Das ist aber nie garantiert. Ich hatte auch die ein oder andere Blessur in den Jahren. Man muss dann für sich selber entscheiden, ob man darüber hinweggehen kann und trotzdem damit spielt oder es sein lässt. Je nachdem, was besser ist. Bei mir war es Gott sei Dank so, dass ich immer rechtzeitig fit geworden bin für den Spieltag“, verrät die 23-Jährige.

Bayern, Leipzig, Hoffenheim

92 Liga-Spiele über 90 Minuten bestritt May seit dem Gast-Auftritt beim SC Sand II. Die Bilanz seitdem: 57 Siege, drei Unentschieden, 32 Niederlagen, dazu die zwei Aufstiege. Zunächst 2021 in die 2. Frauen-Bundesliga und in diesem Sommer die historische Rückkehr in die Google Pixel Frauen-Bundesliga. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr vor allem „das erste Zweitliga-Spiel mit dem Verein gegen Bayern“, erzählt sie. Das gewann der Club nach einem Dreierpack von Nastassja Lein mit 3:0. „Dann auch hier zuhause im gleichen Jahr das 4:3 gegen Leipzig. Solche Spiele erlebt man auch nicht so häufig. Mein Leben lang wird natürlich auch das Aufstiegsspiel gegen Hoffenheim präsent sein.“

Am frischsten im Gedächtnis sind logischerweise die Erstliga-Spiele, die sie jetzt mit ihren Teamkolleginnen bestreiten darf. „Ich weiß auch nicht, ob ich in den letzten Jahren wirklich so daran geglaubt habe, dass für mich der Sprung in die Bundesliga noch möglich ist“, gesteht sie. „Ich bin ja auch nicht mehr die Allerjüngste. Das ist etwas Besonderes, wenn man da jetzt auflaufen darf.“ Beim 2:0-Auswärtssieg beim SC Freiburg bereitete sie das 2:0 durch Vanessa Haim auf - ihr erster Bundesliga-Assist.

"Die Mama in der Mannschaft"

Die kürzeste Zeit dieser fünf Jahre ist Thomas Oostendorp ihr Cheftrainer. Doch auch er schätzte direkt die Qualitäten der Abwehrspielerin und auch unter ihm ist May bislang in jeder Liga-Minute gesetzt. „Sie ist eine ruhige Leaderin. Sie ist niemand, die dauernd herumschreit, aber sie diskutiert und redet viel mit Spielerinnen in einer besonnenen Art, die viele mögen und die ihnen hilft. Sie ist etwas wie die Mama in der Mannschaft, der Kleber, der alles zusammenhält“, beschreibt Oostendorp.

Als Fünf-Jahre-Dauerbrennerin ist May auch gleichzeitig eine authentische Zeitzeugin der starken Entwicklung des Frauenfußballs beim 1. FC Nürnberg. Mit Serien-Start gegen ein Team wie den SC Sand II duelliert sie sich nun wöchentlich mit Teams wie Wolfsburg und Leverkusen. „Als eigenständiger Verein mussten wir uns früher ja komplett selber finanzieren, was im Frauenfußball extrem schwer ist. Da kam es auf andere Werte an, die uns auch heute noch ein Stück weit tragen“, findet May. „Bei der Entwicklung sprechen wir mittlerweile von Kabinen, Trainingsplätzen, Trainingsmaterialien, Tracking-Systemen, Analyse-Tools, Busse, Hotels oder Mitarbeiter, die Vollzeit für uns arbeiten - ich weiß gar nicht, wo ich da aufhören soll. Da hat sich wirklich vieles gewandelt.“

"Spielerisch und menschlich entwickelt"

Von den Spielerinnen, die damals im November 2018 mit „Jessi“ auf dem Platz standen, sind im aktuellen Kader Lea Paulick, Nastassja Lein und Franziska Mai geblieben. Verletzungsbedingt wird nur Letztere mit May zusammen das Jubiläum auf dem Rasen feiern können. „Jessi ist eine unglaublich gute Fußballerin, die ihre Qualitäten in der Technik und Spielintelligenz hat. Sie hat sich in den fünf Jahren spielerisch aber auch menschlich sehr entwickelt“, sagt Mai.

Gefordert sind Mays Qualitäten wie die der gesamten Mannschaft auch am Samstag wieder bei der SGS Essen. Nach der Heimniederlage gegen den 1. FC Köln will das Team ein anderes Gesicht zeigen. Verlassen können sich das Team und die Club-Fans dabei in gewohnter Manier vor allem auf Jessica May, die Dauerbrennerin des 1. FC Nürnberg.


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