Business Donnerstag, 22.02.2024

"Jenö Konrad-Cup" startet: Zehn Schulen beteiligen sich am Projekt gegen Antisemitismus

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Seit Beginn des Gaza-Kriegs hat sich die Zahl judenfeindlicher Straftaten in Deutschland vervierfacht. Wichtiger denn je ist in diesem Kontext der „Jenö Konrad-Cup“ des 1. FC Nürnberg. Bei diesem Projekt setzen sich Schülerinnen und Schüler intensiv mit dem Thema Antisemitismus auseinander. Ausgangspunkt ist die Biografie des ehemaligen jüdischen Club-Trainers Jenö Konrad, der im Jahr 1932 aus Nürnberg floh. In diesen Tagen startet die sechste Auflage des Wettbewerbs. Der FCN richtet den Jenö Konrad-Cup gemeinsam mit dem deutsch-jüdischen Sportverein TSV Maccabi Nürnberg aus.

"Der 1. Fußballklub Nürnberg geht am Juden zugrunde“ lautete im August 1932 eine Schlagzeile im antisemitischen Hetzblatt „Der Stürmer“ nachdem der Club zweimal nacheinander gegen den FC Bayern München verloren hatte. „Klub! Besinn dich und wache auf“, heißt es in dem Artikel. „Gib deinem Trainer eine Fahrkarte nach Jerusalem.“ Jenö Konrad verließ in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1932 Nürnberg mit seiner Frau Grete und der damals dreijährigen Tochter Evelyn – nach nicht einmal zwei Jahren im Amt. 

Seit vielen Jahren leistet der Verein mit dem Schulprojekt Jenö Konrad-Cup Aufklärungsarbeit. In der jetzt angelaufenen ersten Phase besuchen Projektleiter Hannes Orth und Club-Historiker Bernd Siegler die teilnehmenden Klassen, um die Biografie von Jenö Konrad vorzustellen. Siegler holt die Schülerinnen und Schüler immer wieder mit Vergleichen aus der Gegenwart ab: „Stellt euch vor, wie es wäre, wenn der FC Liverpool zweimal gegen den FC Chelsea verlieren würde – und die englische Presse davon schreiben würde, dass der Verein am Katholizismus zugrunde geht, um dann den Katholiken Jürgen Klopp mit Schimpf und Schande vom Hof zu jagen.“ Zudem stellt der Historiker einige jener 142 jüdischer FCN-Mitglieder vor, die zum 30. April 1933 aus dem Verein ausgeschlossen worden sind.

Begegnungen schaffen

Im weiteren Verlauf verweist Hannes Orth auf die vielfältige Erinnerungsarbeit des Vereins und den Impuls durch die organisierte Fanszene des 1. FC Nürnberg, die dem ehemaligen Club-Trainer Jenö Konrad 2012 in einer aufwändigen Stadion-Choreografie gedachte.

In den kommenden Wochen erstellen die Klassen Projektarbeiten und setzen sich so mit dem Thema Antisemitismus auseinander. Die Projekte werden dann von einer Jury aus Wissenschaft, Politik, Sport und Kultur bewertet. Abschließend können sich die Schülerinnen und Schüler für das gemeinsame Fußballturnier auf dem Vereinsgelände qualifizieren. Parallel dazu besteht für die Klassen die Möglichkeit, die Israelitische Kultusgemeinde Nürnberg zu besuchen und sich mit jüdischen Jugendlichen auszutauschen. Auch eine Führung über das neben dem Stadion gelegene Reichsparteitagsgelände ist geplant.

„In Frieden leben“

Für Jochen Bauer, der an der Beruflichen Schule 6 in Nürnberg unterrichtet, ist es notwendig, die jungen Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass Minderheiten in diesem Land wieder aufgrund ihrer Religion diskriminiert werden und Angst um ihr Leben haben müssen. „Sensibilisierung für die Thematik ist schon allein deshalb angebracht, weil Parteien wie die AfD die Abwertung von Menschen wieder salonfähig machen wollen. Wir als Gesellschaft haben die Aufgabe, zu verhindern, dass sich Geschichte wiederholt“, sagt Bauer. In seiner Klasse sitzen viele Schülerinnen und Schüler mit muslimischem Hintergrund, die auch über ihre eigenen Erfahrungen mit Ausgrenzung berichten. „Wir sollten uns alle gegen Antisemitismus und Rassismus engagieren“, sagt der 16-jährige Schüler Panos. „Denn letztlich geht es doch darum, dass jeder in diesem Land in Frieden leben kann.“

Am Jenö Konrad-Cup 2024 nehmen zehn Schulen unterschiedlichster Schulformen aus Mittelfranken, Schwaben und der Oberpfalz teil:

  • Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium, Schwabach
  • Sonderpädagogisches Förderzentrum Jean-Paul-Platz, Nürnberg
  • Sabel Wirtschaftsschule, Nürnberg
  • Sabel Realschule, Nürnberg
  • Melanchthon-Gymnasium, Nürnberg
  • Berufliche Schule 6, Nürnberg
  • Leonhart-Fuchs-Mittelschule, Wemding
  • Platen-Gymnasium, Ansbach
  • Johann-Steingruber-Realschule, Ansbach
  • Gymnasium Eschenbach, Eschenbach (Oberpfalz)

Im vergangenen Jahr hat das Melanchthon-Gymnasium Nürnberg den Wettbewerb gewonnen.

Weitere Informationen zum Jenö Konrad-Cup: www.clubgeschichte.de

Club-Historiker Bernd Siegler und FCN-Projektleiter Hannes Orth beim Besuch an der Beruflichen Schule 6 in Nürnberg mit Schülern und Lehrer Jochen Bauer.
Schon seit vielen Jahren dabei: das Wolfram-von-Eschenbach-Gymnasium Schwabach.

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