Ein Verein vor dem Umbruch
Lange zählte Werder zu Deutschlands Top-Klubs. Zuletzt lief es aber nicht. Der Teamcheck
Erst die große Erleichterung, dann die Feier: Spieler und Verantwortliche von Werder Bremen durften sich am vergangenen Samstag über etwas freuen, das vor Saisonbeginn eigentlich als pure Selbstverständlichkeit gegolten hatte: Den Klassenerhalt. Mit einem eher schnöden 1:1 gegen Eintracht Frankfurt, das ein Dutzend an sieglosen Partien seit dem 4:1 gegen den VfB Stuttgart Anfang Februar komplettierte. Kaum zu glauben, aber triste Realität an der Weser.
Dort also, wo es seit Beginn der 80er Jahre und der großen Ära von Otto Rehhagel beinahe schon Normalität war, nicht nur im Konzert der Großen mitzumischen, sondern diese auch gewaltig zu ärgern. Deutscher Meister 1988 und 1993 unter Rehhagel, Triumph im Europapokal der Pokalsieger 1992, mehrere Male im Cupfinale von Berlin, siegreich dazu. Summa summarum fast drei Jahrzehnte, in denen der Misserfolg als Ausnahme galt, in denen sich Bremen sogar regelmäßig in der Champions League mit den Besten des Kontinents maß.
Viele große Namen
Doch diese Zeiten scheinen erst einmal vorbei. Seit dem Erreichen des dritten Platzes 2010 ging es eigentlich stetig bergab. Im Jahr davor stand die Mannschaft von Trainer Thomas Schaaf noch im Finale des UEFA-Cups und gewann den DFB-Pokal durch ein Tor von Mesut Özil mit 1:0 gegen Leverkusen. Vier Jahre ist das her, im Falle der Bremer eine gefühlte Ewigkeit. Wie konnte es so weit kommen? Die Mannschaft von damals ist mit der jetzigen jedenfalls nicht mehr vergleichbar, der Substanzverlust enorm. Schnürten vor vier Jahren noch Spieler wie Wiese, Mertesacker, Naldo, Özil, Diego, Frings oder Pizarro ihre Fußballstiefel für Grün-Weiß, sind klangvolle Namen mittlerweile Mangelware.
Sie alle gingen, weil sie neue Herausforderungen suchten, sie gingen aber auch, weil Werder ohne die Einnahmen aus den europäischen Wettbewerben zum Sparen gezwungen wurde. Der Etat schrumpft seit Jahren, als finanziell gesund gilt Werder aber weiterhin. Nicht gerade förderlich waren bei der aktuellen Entwicklung übrigens Transfer-Flops wie die beiden Brasilianer Carlos Alberto und Wesley, die viel kosteten und noch weniger brachten.
Allofs nach Wolfsburg
In der nun zu Ende gehenden Saison wollte Werder eigentlich wieder an den europäischen Plätzen schnuppern. Eine junge, unverbrauchte, mit Talenten gespickte Truppe sollte es richten. Sebastian Mielitz rückte nach Wieses Abgang zur Nummer 1 auf, der zwar mit 24 Jahren noch junge, aber schon sehr reife Grieche Sokratis wurde zum Abwehrchef auserkoren. Aaron Hunt, selbst lange Talent, sollte die Mannschaft im Mittelfeld führen, gemeinsam mit Chelsea-Leihgabe Kevin de Bruyne. Und im Sturm sollte Nils Petersen, die Leihgabe der Bayern, für die nötigen Tore sorgen.
In der Hinrunde klappte all dies noch formidabel, der Kontakt ins obere Drittel riss nie ab. Die Mannschaft spielte meist gut und ansehnlich, ließ aber schon da immer wieder die nötige Effizienz vermissen. Das heißt: Aufwand und Punkteertrag stimmten nicht immer überein. Die erste Krise folgte aber erst in der Rückrunde. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der langjährige Manager Klaus Allofs längst zum VfL Wolfsburg verabschiedet. Fast 14 Jahre galten der frühere Nationalstürmer und Trainer Thomas Schaaf als Traumgespann, ihr größter gemeinsamer Erfolg bleibt das Double 2004.
Ende der Ära Schaaf
Dass es in der Vereinsführung seit längerer Zeit knirschte, erfuhr die Öffentlichkeit aber erst, als sich Allofs verabschiedete. Seine Nachfolge trat der frühere Mönchengladbacher Verteidiger Thomas Eichin an, der zuvor in gleicher Funktion für die Kölner Haie im Eishockey gearbeitet hatte. Ein Einstand als Krisenmanager – es gibt sicher dankbarere Aufgaben. Zumal mit jedem nicht gewonnenen Spiel die Personalie des Trainers mehr in den Vordergrund rückte. Thomas Schaaf galt plötzlich nicht mehr als unantastbar, fast wöchentlich spekulierten die Medien über eine Entlassung dieses Erfolgscoachs, der Werder in der Post-Rehhagel-Ära geprägt hat wie kein Zweiter.
Zwar hat Schaaf das Werder-Schiff nun in den sicheren Hafen gebracht, dass aber nach über 14 Jahren am Saisonende Schluss für ihn ist, ist zwar ob des Zeitpunkts vor dem 34. Spieltag überraschend, nach der Entwicklung der vergangenen Wochen war ein Ende der Zusammenarbeit jedoch abzusehen. Bei der Aufarbeitung der Spielzeit wird es dann nicht nur um Schaaf gehen, sondern auch um Profis, die die Erwartungen nie erfüllen konnten. Werder steht am Scheideweg, von den nächsten Maßnahmen hängt wohl die Zukunft ab: Wird auch künftig bereits der Klassenerhalt ein Grund zum Feiern sein oder knüpft der Verein aus der Hansestadt an glorreiche Tage an und feiert mit Pokalen?
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- 1. FC Nürnberg
- 61. Per Nilsson 1:1
81. Sebastian Polter (Kopfball) 2:1
88. Tomas Pekhart 3:1
- Werder Bremen
- 37. Kevin de Bruyne 0:1
89. Kevin de Bruyne 3:2
- Stadion
- Grundig Stadion
- Datum
- 18.05.2013 14:30 Uhr
- Schiedsrichter
- Guido Winkmann
- Zuschauer
- 46157
- 1. FC Nürnberg
- ?? - Balitsch - Nilsson - Klose
- Pinola (77. Esswein) - Simons - Stark (87. ERROR!) - Mendler
(59. Polter) - Mak - Plattenhardt - Pekhart
- Reservebank
- Rakovsky, ??, Korczowski, Esswein, Gärtner, Kanazaki, Polter
- Trainer
- Michael Wiesinger
- Werder Bremen
- Mielitz - Gebre Selassie - Prödl - Lukimya-Mulongoti - Ignjovski - Kroos (84. Stevanovic) - 18466 - Junuzovic (67. Schmitz) - de Bruyne - Akpala (86. Wurtz) - Petersen
- Reservebank
- Strebinger, Schmitz, Stevanovic, Wurtz
- Trainer
- unbekannt






