Alain Sutter: "Meine Art scheint den Leuten gefallen zu haben"
Im Sommer 1993 wagte Alain Sutter den Schritt ins Ausland und wechselte zum FCN. Nach nur einem Jahr und dem Abstieg aus der Bundesliga verließ er Nürnberg zwar wieder, doch blieb den Club-Fans in guter Erinnerung. Heute ist der 54-Jährige Sportdirektor des kommenden Testspielgegners FC St. Gallen. Wir haben uns im Vorfeld über seine Zeit und seine heutige Aufgabe unterhalten.
fcn.de: Alain Sutter, der FC St. Gallen steht nach acht Spielen mit 15 Punkten auf Platz drei der Tabelle in Schweiz und schaffte am Wochenende den Einzug in die nächste Pokalrunde. Wie zufrieden sind Sie mit dem Saisonstart?
Alain Sutter: Der Saisonstart war in Ordnung. Er brachte gute wie auch weniger gute Ereignisse mit sich. Ein großer Wermutstropfen ist mit Sicherheit die schwere Verletzung von Stürmer Fabian Schubert (Anmerkung fcn.de: Schien- und Wadenbeinbruch), da er ein wichtiger Spieler für uns ist. Das hat uns hart getroffen. Ansonsten hatten wir inhaltlich wie auch punktemäßig einen ordentlichen Start. Wir wissen aber auch alle, dass wir noch viel Luft nach oben haben und besser werden wollen und müssen.
fcn.de Seit 2018 sind Sie Sportdirektor beim FC St. Gallen. Davor waren Sie beim Schweizer Radio und Fernsehen Fußball-Experte. Was hat Sie dazu bewegt, Sportdirektor zu werden?
Alain Sutter: Das hat viel mit den Personen, die in der Verantwortung sind sowie mit dem Verein zu tun. Es gab beim FC St. Gallen einen großen Umbruch. Es kamen neue Aktionäre wie auch ein neuer Verwaltungsrat. Dieser Verwaltungsrat fragte dann bei mir an, ob ich mir das vorstellen könnte. Es gab ein Gespräch, wo ich meine Ideen für den Job anbrachte. Das passte inhaltlich gut zusammen, da auch der Verwaltungsrat ähnliche Ideen hatte, wie sie den Verein geführt haben wollen. Für mich war es dann schnell klar, dass ich diese Herausforderung und Chance annehmen möchte, um einmal im Fußball in dieser Position tätig zu sein. Der Reiz war groß, obwohl ich mein Leben gut eingerichtet hatte. Ich hatte eine eigene Coaching-Praxis, war Fernsehexperte und hielt viele Vorträge über meine zwei Bücher, die ich geschrieben hatte. Diese Tätigkeiten machte ich sehr gerne, aber die Herausforderung war für mich so spannend, dass ich diese Chancen nutzen wollte. Ich freute mich auch darüber, noch einmal die Möglichkeit zu haben, im Fußball in solch einem Umfeld etwas zu bewirken.
fcn.de: Trotz vieler Abgänge von Leistungsträgern schaffen Sie es, immer wieder eine gute Rolle in der Schweizer Meisterschaft zu spielen. In einem Interview haben Sie mal gesagt: „Wir machen auch verrückte Dinge.“ Ist es ein Stück weit ihre Vereinsphilosophie, junge talentierte Spieler zum nächsten Sprung, auch nach Deutschland, zu verhelfen?
Alain Sutter: Das war sicherlich ein Aspekt, der klar war. Als wir zusammen beim FC St. Gallen anfingen, wussten wir, dass wir wirtschaftlich erst einmal auf eine kleinere Flamme stellen müssen. Wir hatten große Budgetreduktionen und dann war klar, dass die Strategie dahingehend laufen muss, dass wir Spieler, die sich in einer schwierigen Situation ihrer Karriere befinden oder ganz junge Spieler mit Perspektive, holen mussten. Es war sicher auch ein Ziel, dass sich ein Teil der jungen Spieler so gut entwickelt, dass sie den nächsten Schritt machen können. Dieses Projekt entwickelte sich dann mit der Zeit so, dass viele junge Spieler tolle Schritte gemacht haben, erfolgreich waren und auch Interesse von anderem Verein auf sich zogen. Dadurch dass dies relativ häufig passiert ist, wurde dann der FC St. Gallen auch für die Spieler immer attraktiver, um den nächsten Schritt zu gehen.
fcn.de: Nach welchen Vorstellungen führen Sie den FC St. Gallen?
Alain Sutter: Das ist schwierig in zwei, drei Sätzen zu formulieren. Wichtig war, dass es unser Ziel ist, die Fans im Stadion zu unterhalten. Die Menschen sollen Freude an dieser Mannschaft haben und sich mit ihr identifizieren können. Für mich war klar, dass die Art und Weise wie der FC St. Gallen Fußball spielen soll, sehr aktiv ist. Wir wollten in allen Phasen des Spiels, egal ob mit oder ohne Ball, sehr fleißig auf dem Platz sein. Es muss etwas laufen im Spiel. Das ist sicher ein wichtiger Punkt. Zudem geht es darum, wie man miteinander umgeht. Es muss eine offene, transparente Kultur herrschen. Der Umgang sollte immer wohlwollend und positiv sein und man muss sich in schwierigen Situationen gegenseitig den Rücken stärken. Dann kann man es auch von anderen verlangen, dass man positiv und konstruktiv mit einem redet.
fcn.de: Sie waren als aktiver Spieler auch ein Jahr lang für den FCN am Ball. Was sind Ihre Erinnerungen an den Club?
Alain Sutter: Leider gemischt. Ich habe sehr viel gute Erinnerungen. Es war mein erster Transfer ins Ausland. Nürnberg ist mit seiner Tradition eine große Nummer. Die schlechten Erinnerungen verknüpfen sich dann mit Abstieg in dieser Saison. Es war sehr bitter, dass uns der Klassenerhalt nicht gelungen ist. Doch bis auf den Abstieg habe ich nur positive Erinnerungen an Nürnberg, egal ob es das Stadion mit den Fans ist, die Leute im Verein oder die Mannschaft.
fcn.de: Was waren Sie damals für eine Mannschaft? Mit Zarate, Köpke und Co. hatten Sie durchaus namhafte Spieler im Team.
Alain Sutter: Wir hatten eine Mannschaft mit viel Qualität und waren sehr ausgewogen. Wir hatten einige Routiniers im Team, aber auch junge Spieler. Das war eine gute Mischung. Wir waren eine Mannschaft, die sehr attraktiv spielen konnte. Zarate konnte mit seiner Geschwindigkeit im Sturm immer etwas bewirken. Es war auch neben dem Platz eine sehr angenehme Mannschaft.
fcn.de: Gibt es eine besondere Anekdote, die Ihnen zu Ihrer Nürnberger-Zeit in Erinnerung kommt?
Alain Sutter: Nein. Ich habe von dieser Zeit eher ein globales Bild.
fcn.de: Wie schafft man es, in nur einem Jahr zum Fanliebling zu avancieren?
Alain Sutter: Das ist schwierig zu sagen. Mir half natürlich die Rückrunde, wo ich das ein oder andere Tor erzielen konnte. Zudem scheint meine Art und Weise, wie ich Fußball gespielt habe, den Fans gefallen zu haben.
fcn.de: Seit Sommer spielt Kwadwo Duah in Nürnberg. Was können Sie über KD erzählen, was die Club-Fans noch nicht wissen?
Alain Sutter: Ich glaube nicht, dass ich da Sachen weiß, die man von ihm noch nicht gesehen hat. Er ist sein sehr authentischer Mensch und gibt sich so, wie er ist. Ich glaube, seine große Stärken, die Geschwindigkeit und der Torabschluss, hat man auch schon auf dem Rasen gesehen. Ich hoffe, dass sein Weg zusammen mit der Mannschaft erfolgreich sein wird.
fcn.de: Was sind die Ziele für den FC St. Gallen in der laufenden Saison?
Alain Sutter: Die sind immer gleich. Wir wollen den Leuten Freude machen und sie mit der Art und Weise wie wir auf dem Platz auftreten begeistern.
fcn.de: Dann bedanken wir uns für das Gespräch und wünschen dem FC St. Gallen viel Erfolg für die anstehenden Aufgaben in der Liga und dem Pokal!