Die Präsidenten des 1.FC Nürnberg

Nach Voacks Abgang rückte automatisch Vizepräsident Georg Haas an die Spitze. Der Ingenieur stellte sich den Mitgliedern als „waschechter Cluberer“ vor, der „jeden Grashalm des Clubstadions“ kenne.

Haas war schon 1948 dem Club beigetreten und spielte über 400-mal in der 1. Amateurmannschaft. „Ich bin sicher nicht das Idealbild eines Präsidenten“ betonte der Ingenieur, er habe sich aber nicht vor der Verantwortung für „seinen“ Club drücken wollen. Und so schlitterte Haas ins Unglück und riss den 1. FCN noch ein Stück weiter in die Tiefe. Hoffnungslos überfordert mit der Führung eines Profifußballvereins ließ Haas kaum ein Fettnäpfchen aus.

Der letzte Hoffnungsträger

Zudem leistete er seine Unterschriften unter finanzielle Transaktionen „blind“, wie er später vor Gericht zugab. Wegen Steuerhinterziehung von etwa 1,3 Mio. Mark für seinen Club wurde Haas schließlich zu einer Bewährungsstrafe und einer Geldbuße verurteilt. 

Am 25. Oktober 1994 übernahm schließlich Michael A. Roth wieder das Kommando. Der Teppichgroßhändler, der an die 200 ARO-Filialen in ganz Deutschland sein eigen nennt, wurde als letzter Hoffnungsträger gefeiert. „Ich fürchte mich vor nichts“, bekundete er vor seinem Amtsantritt. Er zog sein Konzept, den Gesamtverein in einzelne unabhängig von einander handelnde Einzelvereine aufzusplitten, durch. Damit wollte er den Amateur- vom Profibereich trennen und das Vereinsgelände auf Dauer vor dem Zugriff der Finanzämter sichern.

1996: Club in der Drittklassigkeit

Dann machte sich Roth an die Entschuldung des Vereins. „Ohne mich wäre der Club schon im Konkurs“ behauptete er mit Recht im März 1995. Er schloss langfristige und gut dotierte Werbeverträge mit dem Verein ab, handelte mit den Gläubigern Nachlässe aus, fand die Sponsoren ab, rang mit der Stadt um die Stadionmiete und bürgte für die vom DFB geforderte Liquiditätsreserve von 3,4 Mio. Mark.

Nach langem Hin und Her erteilte der DFB schließlich die Lizenz und honorierte damit Roths Bemühungen, den Skandalverein in ruhigere Fahrwasser zu bugsieren. Im Oktober 1995 drückten den Verein „nurmehr“ 11,6 Mio. Mark Schulden. Sportlich dagegen verdüsterten sich die Wolken, denn der Club stieg im Mai 1996 in die Drittklassigkeit ab. Mit einem Rekordetat von zehn Mio. Mark erzwang man den sofortigen Wiederaufstieg.

1. FC ARO

„Risiko ist das halbe Leben“, kommentierte Roth sein Vorgehen. Durch seine rigorose Sparpolitik auch im Personalbereich hatte er den 1. FCN zwischenzeitlich zu einem 1. FC ARO gemacht. „Ich werde alles richten und in einem Jahr werden alle zufrieden sein“, verbat er sich jegliche Einmischung.

Ein Jahr später waren auch alle zufrieden. Der Club war wieder zweitklassig und als Höhepunkt der Entwicklung klappte sogar der direkte Durchmarsch in die Bundesliga. Zudem konnte Schatzmeister Bernhard Kemper stolz verkünden, ganze Arbeit geleistet und die langfristigen Verbindlichkeiten des einstmals hochverschuldeten Vereins nahezu abgebaut zu haben. Roth war seinem erklärten Ziel, das 100-jährige Vereinsjubiläum als wirtschaftlich gesunder Erstligist zu feiern, einem gewaltigen Stück nähergekommen, zumal nun die Sponsoren auf der Matte standen und die Vermarktung über die UFA langfristig hohe Einnahmen versprach.

Sportlich geht's bergauf

„Dem Club ist es seit der Meisterschaft 1968 nicht mehr so gut gegangen wie heute“, betonte Roth. Doch dann begannen die Turbulenzen von neuem. Bernhard Kemper zog sich aus der Vereinspolitik zurück, das Präsidium musste umgebildet werden. Aufstiegstrainer Felix Magath trat noch vor Saisonbeginn zurück, sein Nachfolger Willi Reimann agierte glücklos und der Club rangierte auf einem Abstiegsplatz.

Erst als Friedel Rausch kam und die Mannschaft mit Köpke und van Eck verstärkt wurde, ging es sportlich bergauf. Umso schlimmer der Schock am letzten Spieltag. Der Abstieg. „Es gibt nichts zu sagen, es ist jetzt alles über den Haufen geworfen“, war selbst Roth sprachlos.

Mut der Verzeiflung

Doch nachdem auch noch viele Leistungsträger die Mannschaft verlassen hatten, reagierte Roth mit dem Mut der Verzweiflung. Mit einer neu formierten Elf und dem höchsten Etat aller bisherigen Zweitligisten will der Club den Wiederaufstieg erzwingen. 35 Mio. Mark stehen bereit. Auch die sich zusehends abzeichnenden Risse innerhalb der Vereinsspitze und den daraus resultierenden Rücktritt des gesamten Präsidiums überstand Roth schadlos.

 

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