Saisonrückblick, Teil VI

Elf Helden: Die Startformation im Pokal-Halfinale gegen Frankfurt

Vor dem Spiel gegen Alemannia Aachen dachte der Club zweigleisig, denn sowohl über die Bundesliga als auch den DFB-Pokal war der Einzug in den UEFA Cup noch möglich. Nach dem goldenen Treffer zum 1:0 durch Chhunly Pagenburg (12.) erhöhten sich die Chancen, zumal Leverkusen dem 1.FCN nach der Niederlage in München Platz fünf überlassen musste. Für Pagenburg, dessen Vorname zu deutsch "Glück im Frühling" bedeutet, ging Mitte April mit seinem ersten Bundesliga-Treffer im ersten Einsatz von Beginn an ein Kindheitstraum in Erfüllung. Torhüter Raphael Schäfer, der nach dem Abpfiff vor 44.298 Zuschauern im easyCredit-Stadion ein kleines Tete à tete mit Aachens Sascha Rösler (sah Gelb-Rot) hatte, meinte: "Keine berauschende Partie, sondern ein Geduldsspiel."

Mit dem achten Heimsieg war zugleich die Generalprobe für das Pokal-Halbfinale gegen Eintracht Frankfurt geglückt. Und dieses verlief noch besser als je erträumt. 4:0 fertigte der Club die Hessen ab und war in allen Belangen überlegen. Marco Engelhardt (3.), Ivan Saenko (25.), Tomas Galasek (54.) und Chhunly Pagenburg (89.) verewigten sich in dieser magischen Nacht im ausverkauften easyCredit-Stadion (47.000 Zuschauer) als Torschützen. "Ein Wunder ist geschehen. Der Club ist wieder da, der Club ist wieder bekannt in Deutschland", konnte es Michael A. Roth kurz nach Spielschluss noch kaum fassen. Der Präsident des 1.FCN wurde von den Spielern auf den Schultern übers Feld getragen - Gänsehautfeeling! Und weil es ein Film-Regisseur nicht genialer hätte inszenieren können, feierte Marek Mintal nach fünfmonatiger Pause auch noch sein Comeback. Nürnberg das erste Mal seit 1982 wieder im Finale. Der Gegner stand einen Tag später fest: der VfB Stuttgart.

Zwei Torschützen, zwei Wege: Wolf (li.) und Krzynowek (in grün)

0:2 bei Bayer, 1:1 gegen die Wölfe

In der Liga folgte das Direktduell um Rang fünf. Doch im dritten Spiel binnen acht Tagen gingen die Schützlinge von Hans Meyer leer aus. Bernd Schneider erzielte vor 22.500 Zuschauern in der ausverkauften BayArena beide Treffer (19., 59.) zum 2:0 für Bayer Leverkusen. "Wir haben zum ersten Mal seit ewigen Zeiten ein Spiel vom Verlauf her deutlich und verdient verloren. Man sieht: Das kann selbst einer Mannschaft wie dem 1.FCN passieren", sagte Raphael Schäfer. Trainer Hans Meyer sah in der Niederlage körperliche und mentale Gründe.

Im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg fehlten immer noch Mnari, Reinhardt und Vittek, hinzu kam eine Gelb-Sperre für Tomas Galasek. Den Tschechen ersetzte Matthew Spiranovic, der als Sonderbewacher von Marcelinho diesem möglichst "bis aufs Klo" folgen sollte. Der Australier machte seine Sache gut, Marcelinho, der eine großartige Rückrunde spielte, traf nicht. Dafür Jacek Krzynowek (18.) - und Andreas Wolf (23.), zum ersten Mal in der Bundesliga! 1:1 - ein Ergebnis, mit dem die Cluberer größtenteils leben konnten. "Das war ein wirklich schwieriges Spiel gegen einen starken Gegner", so Spiranovic.

Chhunly Pagenburg im neuen Club-Trikot (rechts HSV-Akteur Atouba)

32. Spieltag: Club im UEFA-Cup!

Der Monat Mai begann mit Erfolgsmeldungen: Manager Martin Bader hatte wieder ganze Arbeit geleistet: Erst verlängerten Glauber und Reinhardt ihre Verträge, dann Klewer. Zudem wurde Jaromir Blazek verpflichtet. Und auch das 0:1 bei Schalke 04 vor 61.428 Zuschauern in der ausverkauften Veltins-Arena tat der guten Stimmung einen Tag nach dem 107. Geburtstag keinen Abbruch, denn dank Stuttgarts Sieg gegen Mainz war die erste UEFA-Cup-Teilnahme des 1.FCN seit 1988 vorzeitig perfekt. Darüber hinaus war die Niederlage - Kevin Kuranyi hatte den entscheidenden Treffer besorgt (64.) - überaus verdient; nur dank Kapitän Raphael Schäfer steuerte die Club-Crew an einer hohen Niederlage vorbei. Aufregung verursachte lediglich der unberechtigte Platzverweis gegen Galasek (81.).

Ohne den Tschechen, dafür aber mit neuen, weinroten Trikots verabschiedete sich der Club samt seiner zum Saisonende scheidenden Spieler eine Woche später vom eigenen Publikum. Doch trotz der wieder einmal imposanten Kulisse im mit 47.000 Zuschauern ausverkauften easyCredit-Stadion gelang dem Team kein Sieg. Stattdessen trafen Rafael van der Vaart und David Jarolim (39., 41.) zum 2:0-Erfolg der Gäste. Chhunly Pagenburg war nach der achten Saison-Niederlage etwas bedient: "Es ist einfach Mist, wenn es aufs DFB-Pokalfinale zugeht und du verlierst. Gegen Hannover 96 am nächsten Samstag müssen wir wirklich mal wieder punkten. Zum Glück sind Joe Mnari, Marek Mintal und Dominik Reinhardt wieder an Bord."

Riesen Jubel nach Marek Mintals 1:1 im Pokal-Finale gegen Stuttgart

Generalprobe zum großen Finale gelingt

Einer dieser drei stand beim Club nach dem 3:0-Sieg bei Hannover 96 im Mittelpunkt: Marek Mintal. Für den Slowaken schloss sich der Kreis - vor seinem ersten Saisontor (54.) - dem 1:0 in der mit 49.000 Zuschauern ausverkauften AWD-Arena - hatte er 21 Monate nicht getroffen. Zuletzt ausgerechnet gegen 96. "Das tut einfach nur gut", sagte Mintal, für den sich Hans Meyer ganz besonders freute. Der Coach erlebte, wie außerdem noch Marco Engelhardt (62.) und Ivica Banovic (90.) trafen und der Club seine erfolgreichste Erstligaspielzeit seit 19 Jahren auf Rang sechs beendete. In seinem letzten Ligaspiel war der 1.FCN damit so gerade noch rechtzeitig in Form gekommen, die Generalprobe für das große Pokalfinale gegen den neuen Deutschen Meister VfB Stuttgart geglückt!

Mit dem "Geist von Bad Gögging" sollte der erste Titelgewinn nach 39 Jahren gelingen. 74.400 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadion bekamen ein packendes, stimmungsgeladenes Endspiel zu sehen. Cacau (20.) brachte den offiziellen Gastgeber in Front, doch schon bald glich Marek Mintal (27.) aus. Der Slowake wurde für seinen Treffer von den Fans zum großen Pokalhelden gewählt. Vier Minuten später folgten gleich zwei hässliche Szenen: Erst leistete sich Cacau eine Tätlichkeit gegen Andreas Wolf, sah Rot und machte damit den wohl entscheidenden Fehler im Spiel. Dann trat Fernando Meira Mintal brutal um, bekam allerdings nur Gelb. Der Club-Goalgetter musste verletzt ausgewechselt werden, kam aber zum Glück um eine OP herum.

Der Moment des puren Glücks: Nürnberg wird DFB-Pokalsieger

Kristiansens "Tor des Monats"

Kurz nach dem Seitenwechsel dann wieder Jubel im rot-getränkten Fanblock: Engelhardt hatte zum 2:1 eingenickt (47.). Zehn Minuten vor Schluss aber die Schrecksekunde: Pavel Pardo glich per Foulelfmeter zum 2:2 aus. Die hochspannende Partie ging in die Verlängerung. Auf der Laufbahn machte sich nach etwas über 100 Minuten Spielzeit Daniel Klewer warm - Meyer wollte schon seinen Shootout-Joker zücken. Doch diesmal waren Klewer-Heldentaten nicht nötig, denn mit dem "Tor des Monats Mai" entschied Jan Kristiansen aus 25 Metern das Finale: 3:2 n.V. (2:2, 1:1) - der Jubel der Franken kannte nach dem vierten Pokalsieg keine Grenzen! Nicht nur in Berlin, auch auf dem heimischen Hauptmarkt stieg die große Fete. 100.000 Fans freuten sich über den Triumph. Die Spieler fuhren im Autokorso durch die Stadt und trugen sich danach ins Goldene Buch der Stadt ein. (Wer nicht genug vom Pokal-Endspiel bekommen kann, findet auf unserer Übersichtsseite noch einmal alle Berichte.)

Für die meisten der Pokalhelden stand nach diesen nervenaufreibenden, aber erfolgreichen Monaten erst einmal Urlaub an. Nur für einige Nationalspieler nicht. Zu diesen durfte sich seit dem 5. Juni 2007 auch der Argentinier Javier Pinola zählen. Große Ehre widerfuhr Michael Beauchamp, der für den Asien-Cup nominiert wurde. Auch Andreas Wolf erhielt eine Auszeichnung, wurde auch dank seiner überragenden Leistung im Pokal-Endspiel von den Fans zum Cluberer der Saison gekürt. Weniger erfreulich: Die U19 des 1.FCN stieg aus der Junioren-Bundesliga ab. Vratislav Gresko musste sich ebenfalls verabschieden - der Club ließ die Option beim Slowaken verstreichen. Der Kontrakt von Marek Nikl wurde dagegen verlängert. Auf das Profi-Team kommt nun die Aufgabe zu, den schwierigen Spagat zwischen Bundesliga und UEFA Cup zu schaffen. Eine Herausforderung, an die die Spieler hoffentlich ebenso begeistert herangehen wie die Fans, bei denen die Vorfreue auf die erste Teilnahme am Europapokal seit 1988 jetzt schon riesengroß ist. Andi Wolf weiß, worauf es ankommen wird: "Wichtig wird der Start sein." Wie Recht er damit hat, bewies die abgelaufene Spielzeit - da legte der Club einen Auftakt nach Maß hin und grüßte das Verfolgerfeld an den ersten drei Spieltagen von ganz oben.

                                                  - Ende der Serie -

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