Saisonrückblick, Teil V

Unglaublich: Eine Minute vor Schluss bringt Meyer Klewer für Schäfer

Am 23. Spieltag, Ende Februar, trafen der Tabellendritte und -erste der Rückrunde im ausverkauften Stadion am Bruchweg (20.300 Zuschauer) aufeinander - Mainz gegen Nürnberg, "ein absolutes Spitzenspiel", so Trainer Hans Meyer mit leichter Ironie. Doch für den Club gab es beim "Team der Stunde" außer einem Treffer von Ivan Saenko (64.) nichts zu holen. Der Torschütze ärgerte sich hinterher, dass der Doppelpack seines Gegenübers Mohamed Zidan (20., 27.) praktisch aus dem Nichts entstanden war und der 1.FCN eigentlich mehr als das 1:2 verdient gehabt hätte. Denn in der zweiten Halbzeit packten Meyers Jungs die Brechstange aus, mussten sich trotz der Gelb-Roten Karte für den Mainzer Leon Andreasen (85.) am Ende aber zum ersten Mal nach der Winterpause geschlagen geben. Die stolze Serie von elf Partien ohne Niederlage und 437 Minuten ohne Gegentor war gerissen.

Doch das interessierte drei Tage später kaum noch jemanden. Denn am Dienstag trat der 1.FCN im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen Hannover 96 an und qualifizierte sich durch einen 4:2 (0:0/0:0)-Sieg im Elfmeterschießen erstmals seit 25 Jahren wieder für die Runde der letzten Vier. Meyer hatte sich in der Verlängerung bis zuletzt eine Auswechseloption offen gehalten und erst kurz vor Abpfiff Ersatzkeeper Daniel Klewer, der bereits im Achtelfinale der Pokalheld gewesen war, für Raphael Schäfer ins Spiel gebracht (119.) - ein Glücksgriff! "Wir haben uns super gefühlt, als Daniel reinkam. Der ist immer dafür gut, einen oder zwei Elfmeter zu halten", erinnert sich Dominik Reinhardt. Und tatsächlich wuchs Klewer einmal mehr über sich hinaus und hielt im Shootout gleich zwei Schüsse, während die Nürnberger Schützen ihre Elfer verwandelten. Damit war die nächste Hürde auf dem Weg nach Berlin genommen. Einige Tage später wurde Eintracht Frankfurt als Halbfinal-Gegner ausgelost.

Vom Übeltäter zum Matchwinner: Jörg Böhme (links Jan Polak)

Ohne Abwehrgrößen 2:3 in Bielefeld

Nach der Euphorie folgte die Ernüchterung. Auch bei Abstiegskandidat Arminia Bielefeld verlor die Meyer-Truppe - 2:3 vor 18.444 Zuschauern in der SchücoArena. Ivica Banovic (16.), Radim Kucera (44.), Artur Wichniarek (50.) per Foulelfmeter und Marco Engelhardt (83.) bei seinem Bundesligadebüt im Club-Dress hießen die Torschützen, bis Jörg Böhme (86.) den Bielefelder Siegtreffer erzielte.

Für Meyer ein Unding eingedenk dessen brutalen Einsteigens gegen Raphael Schäfer, der am Kopf verletzt worden war: "Böhmes rücksichtsloses Foul an Schäfer hätte mit Rot bestraft werden können. Insofern ist es Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er am Ende zum entscheidenden Spieler wurde." Der Club, ohne die Gelb-gesperrten Javier Pinola und Andreas Wolf - letzterer hatte seinen Vertrag bis 2011 verlängert - hatte die Gastgeber nach überlegener Anfangsphase aufgebaut. "Wir haben vier von fünf Bielefelder Großchancen selbst vorbereitet", kritisierte Meyer.

Ausgangspunkt des 1:2: Javier Pinola zwingt Oka Nikolov zur Parade

Tolle Aufholjagd und ein verdientes 2:2

Ohne mehrere Stammspieler, darunter Jaouhar Mnari und Markus Schroth, ging's dann vor 44.055 Zuschauern im easyCredit-Stadion gegen Eintracht Frankfurt - wieder ein Team, das um den Klassenerhalt kämpfte. Tiefstehend lauerten die Gäste auf Konter. "Gegen defensiv spielende Mannschaften, die gegen den Abstieg kämpfen, tun wir uns wirklich schwer", resümierte Schäfer nach dem 2:2-Unentschieden, "die sind aggressiv und spielen kompakt." Obwohl der Club an diesem Freitagabend die Partie dominiert hatte, war die Eintracht in Führung gegangen: Sotirios Kyrgiakos (26.) und Naohiro Takahara (69.) schossen die Tore. Dann die Aufholjagd. Und der Lohn nach Christoph Spychers Eigentor (81.) und Robert Vitteks nach herrlichem Solo (87.). 2:2 - der späte Punktgewinn!

Weniger spannend, aber ebenfalls mit einer Punkteteilung endete das darauffolgende Gastspiel bei Borussia Dortmund. Thomas Doll hatte kurz zuvor bei den abstiegsgefährdeten Borussen den glücklosen Jürgen Röber, der erst in der Winterpause beim BVB unter Vertrag genommen worden war, auf der Trainerbank abgelöst. Vor 80.100 Zuschauern im Signal Iduna Park endete die Partie 0:0. Ein Ergebnis, mit dem der Club gut leben konnte. "Wichtig war, dass wir mal wieder zu null gespielt und kompakt gestanden haben", sagte Dominik Reinhardt. Der fünfte Platz war dagegen futsch, Leverkusen hatte den Rückstand zum 1.FCN aufgeholt.

Torschütze Tomas Galasek (links Herthas Gilberto, hinten Pinola)

Endlich wieder ein Sieg!

Doch schon gegen Hertha BSC meldeten sich die Franken zurück. 2:1 hieß es nach Toren von Tomas Galasek (4.) und Marco Engelhardt (60.) sowie dem Gegentreffer von Christian Gimenez (69.). Die Zuschauer im easyCredit-Stadion (45.649) - Hertha-Fans ausgenommen - bejubelten nach der Länderspielpause den ersten Sieg nach vier Spielen. "Endlich wieder gewonnen" freute sich Engelhardt. Und Meyer erklärte, warum er so zufrieden war: "Angesichts der Probleme, die wir hatten - ein Robert Vittek, der Gelb-gesperrt fehlte, ein verletzter Mnari und ein Reinhardt, der verletzt ausgewechselt wurde - haben wir es wirklich super gemacht." Ebenfalls erfreulich: die Verpflichtung von Peer Kluge. Amateur-Trainer Peter Zeidler verkündete dagegen seinen Wechsel zu den Stuttgarter Kickers.

Anfang April überwogen allerdings wieder die Hiobsbotschaften. Am Ostersonntag verlor der 1.FCN vor 42.100 Zuschauern im ausverkauften Weserstadion gegen Meister-Kandidat Werder Bremen mit 0:1. Bremen blieb damit die einzige Mannschaft, gegen die der Club in dieser Saison keinen Punkt holte. Werder-Joker Markus Rosenberg hatte Schäfer das faule Ei eine Viertelstunde vor Schluss ins Nest gelegt. "Wenn wir 1:0 gewonnen hätten, wäre es ein Pyrrhus-Sieg, jetzt muss ich von einer Pyrrhus-Niederlage sprechen", so Club-Coach Meyer, dessen slowakische Schützlinge Vratislav Gresko und Robert Vittek vorher verletzungsbedingt ausgeschieden waren (21., 73.). Das Trostpflaster: Glauber feierte nach mehreren Monaten Pause sein Comeback. Und auch im UEFA-Cup-Rennen gab's gute Nachrichten: Leverkusen hatte gepatzt, es blieb also spannend!

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