"Stück für Stück weiterentwickeln"
Drei talentierte Eigengewächse im Lizenzkader - eine vorzeigenswerte Quote. Doch der Club möchte sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen, wie Rainer Zietsch bestätigt: "Wir möchten, dass der Club noch mehr junge Spieler in den Profibereich bringt und dann vielleicht irgendwann selbst das ein oder andere Talent mehr in der Mannschaft hat als der Gegner."
Zietsch muss es wissen, schließlich ist der 42-Jährige seit Oktober 2006 Geschäftsführer im NachwuchsLeistungsZentrum (NLZ) des 1.FCN. fcn.de unterhielt sich mit dem 265-fachen Bundesligaspieler, der von 1991 bis 1996 für den Club und davor für den VfB die Schuhe schnürte.
fcn.de: Rainer Zietsch, Sie standen 1986 mit dem VfB im Finale und verloren 2:5 gegen die Bayern. Welche Erinnerungen haben Sie daran noch?
Rainer Zietsch: Also zunächst mal muss man sagen: Ein Pokalfinale ist immer etwas Besonderes. Man merkt es auch hier im Frankenland - seit Wochen gibt es nur ein Thema! Kurios ist, dass damals eine ähnliche Konstellation vorlag: Bayern war Meister geworden, wir hatten Bremen geschlagen und den Münchnern damit den Titel ermöglicht. Letztlich waren wir, mit Ausnahme der Anfangsphase, als wir 1:0 in Führung hätten gehen können, aber relativ chancenlos.
Sie haben für beide Klubs gespielt: Für wen schlägt das Herz am Samstag?
Zietsch: Ganz klar für den Club. Ich habe von 1991 an für die Franken gespielt und später die Jugend des 1.FCN trainiert. Der VfB hat mich aber geprägt, und ich pflege zu beiden Mannschaften die engsten Beziehungen.
Was erwarten Sie für ein Spiel und wie geht's aus?
Zietsch: Man hofft hier ja, dass die junge VfB-Mannschaft nach der Meisterschaft schon ihren Höhepunkt erreicht hat und es richtig krachen ließ. Natürlich möchte der Club die Partie gewinnen und seine super Saison krönen. Ich glaube, wenn die Mannschaft ihre Leistung abruft, die sie über weite Strecken dieser Saison gezeigt hat und gerade so spielt wie in der zweiten Hälfte in Hannover, hat sie auch eine gute Chance. Ich hoffe und wünsche es ihr. Bayern hatte '86 eine abgezockte Mannschaft, ich weiß nicht, ob der VfB auch schon so weit ist.
Beim Club stammen drei Spieler aus dem Nachwuchs, die am Samstag mitwirken könnten: Reinhardt, Wolf und Pagenburg - beim VfB sind's gleich vier: Hildebrand, Tasci, Khedira und Gomez...
Zietsch: Man weiß ja, dass der VfB seit Jahren im Nachwuchsleistungszentrum eine sehr, sehr gute Arbeit macht. Man sollte aber nicht vergessen, dass sie auch weit, weit mehr in die Jugend investieren. Die DFL und der DFB schreiben ja mittlerweile vor, dass das Leistungszentrum einen gewissen Standard hat. Fakt ist, dass beim Club in letzter Zeit nicht soviel Wert darauf gelegt worden ist und Stuttgart uns da etwas voraus hat. Dennoch möchten wir, dass der Club noch mehr junge Spieler in den Profibereich bringt und dann vielleicht irgendwann selbst das ein oder andere Talent mehr in der Mannschaft hat als der Gegner. Allerdings wissen Hans Meyer und Martin Bader auch, was es kostet, Spieler bestens auszubilden.
Können Sie uns vielleicht ein Beispiel geben, inwieweit der Club noch Nachholbedarf hat?
Zietsch: Sicher. Der VfB hat beispielsweise einen Koch - nur für die Jugendspieler! Das wäre bei uns undenkbar. Durch die spezielle Ernährung sind die Spieler dann vielleicht noch einen Tick besser. Aber wir wollen uns Stück für Stück weiterentwickeln.
Heute sind Sie Nachwuchsleiter beim Club. Welche Aufgaben hat man da genau und macht es Spaß?
Zietsch: Es ist schon sehr zeitaufwendig. Zurzeit mache ich das zusammen mit Dieter Nüssing - die Kaderplanung, die Organisation, den Spielbetrieb, Verbesserung der Infrastruktur, Gespräche mit den Eltern der Jugendlichen führen undundund. Wir werden den Trainerstab aber noch aufrüsten, noch mehr hauptamtliche Trainer beschäftigen, damit wir die Jungs besser betreuen können.
Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen?
Zietsch: Da muss ich ein bisschen weiter ausholen: Nach meinem Studium wurde ich gefragt, ob ich das Internetportal FD21 (Fach-Adresse für Jugendfußball, www.fussballd21.de; Anm. d. Red.) aufbauen möchte. Das habe ich gemacht und dann nachher auch noch als Jugendtrainer angefangen. Irgendwann war der Aufwand aber zu groß - beides zusammen ging nicht mehr. Der Club hatte in der Zwischenzeit im Jugendbereich aufgerüstet und eine Stelle geschaffen, die zuvor noch nicht existierte. Die habe ich dann übernommen. Der große Reiz war ganz einfach der, dass man einen Verein voll in der Praxis begleitet. Bei FD21 kommunzierte man ja meist per E-Mail. Nun aber hat man direkten Kontakt zu den Leuten.
Herr Zietsch, wir danken Ihnen für das Gespräch.