Hecking rechnet mit zähem Ringen

Bestens informiert über den Club: Hannovers Trainer Dieter Hecking

Nürnberg - Über Dieter Heckings Wechsel von Alemannia Aachen zu Hannover 96 wurde viel debattiert. Nach dem 3:0-Sieg der Alemannen in Hannover kontaktierten die 96er ihren früheren Helden, der als Spieler in der Saison 1996/97 am Bundesliga-Aufstieg beteiligt war. Hecking wiederum bat die Alemannia aus persönlichen Gründen um Freigabe.

Seit er das Zepter bei Hannover 96 schwingt, zeigt der Weg des niedersächsischen Klubs stetig nach oben. Wie er die Zeit in Aachen rückblickend betrachtet, was entscheidend für den Aufschwung bei den Roten war und wie der 42-Jährige den Club einschätzt, erläuterte Hecking ausführlich im Gespräch mit fcn.de.

fcn.de: Hallo Dieter Hecking! Ein Spiel steht noch an, dann ist die Bundesliga-Hinrunde beendet. Wie zufrieden sind Sie mit dem bisherigen Saisonverlauf von Hannover 96?

Dieter Hecking: Wenn mir jemand fünf Wochen vor dem 17. Spieltag angeboten hätte, dass wir mit 20 Punkten auf dem elften Tabellenplatz stehen, hätte ich sofort eingeschlagen. Wir haben uns nach dem schlechten Saisonstart stetig verbessert und uns gut raus gearbeitet. Am Samstag in Nürnberg gilt es aber nun, dieses Niveau zu halten und uns dann mit Blick auf die Rückrundenvorbereitung in den nächsten Wochen zu steigern.

Welche Spieler haben Sie in Ihrer Amtszeit besonders überrascht, wer zählt zu den Stützen?

Hecking: Überrascht hat mich die Mannschaft als ganzes. Alle im Team haben an einem Strang gezogen, um sich aus der schwierigen sportlichen Situation zu befreien. Deshalb möchte ich an dieser Stelle keinen einzelnen Spieler hervorheben.

14 der 20 Punkte hat ihre Mannschaft auf fremden Platz geholt. Nach Bremen und Stuttgart die beste Quote der Liga. Wieso läuft es auswärts besser als zu Hause?

Hecking: Das gilt ja nicht nur für uns, sondern die vielen Auswärtssiege sind ja ein ligaweites Phänomen. Insgesamt tun sich derzeit einfach viele Mannschaften schwer damit, das Spiel zu machen. In erster Linie wird erst einmal der Spielfluss des Gegners zerstört, um dann aus einer kompakten Defensive mit Kontern zum Erfolg zu kommen. Uns ist das in den letzten Partien ganz gut gelungen.

96 hat die letzten drei Gastspiele jeweils mit 1:0 gewonnen und aus den letzten sechs Partien mit sechs Toren 13 Punkte geholt. Das spricht für eine starke Abwehr...

Hecking: Ich möchte das nicht allein an der Verteidigung festmachen, das wäre zu einfach. Richtig ist allerdings, dass wir uns in der gesamten Organisation auf dem Platz gesteigert haben und kompakt stehen.

Liegt das auch daran, dass die Mannschaft Ihr 4-2-3-1-System nun verinnerlicht hat?

Hecking: Jeder einzelne Spieler hat in Sachen Organisation und Spielverständnis zugelegt; ganz unabhängig vom jeweiligen System.

In der Offensive fehlten Ihnen beim 1:1 gegen Bielefeld am vergangenen Samstag die Entschlossenheit und der Wille, den Gegner zu Fehlern zu zwingen. Haben Sie mit Blick auf die Partie beim Club schon über taktische oder personelle Änderungen nachgedacht?

Hecking: Es ist ja wohl die Aufgabe eines jeden Trainers, sich in den Tagen vor dem Spiel seine Gedanken zu machen. Überraschungen wird es nicht geben. Das einzige, was für Samstag zählt, ist eine Leistung auf der Basis der Arbeit in den vergangenen Wochen.

Sie haben selbst gerade erwähnt, wie schwierig sich die Mannschaften in der Bundesliga damit tun, ein kompakt stehenden Gegner auszuhebeln. Haben Sie in dieser Hinsicht schon eine Lösung für Ihr Team gefunden?

Hecking: Ziel wird es sein, uns weiter zu stabilisieren. Wenn wir diese Aufgabe in der Winterpause weg gearbeitet haben, wird der nächste Schritt sein, dass wir uns individuell verbessern. Das gilt beispielsweise für das Passspiel, für die Fähigkeit Überzahlsituationen zu schaffen und natürlich auch im Eins-gegen-eins.

Der Club tritt in der Regel dominant auf. Kommt Ihnen das Meyer-Team als Gegner daher gerade recht?

Hecking: Den Gegner kann man sich in der Regel nicht aussuchen. Der Club ist eine spielstarke Mannschaft, die die Handschrift von Hans Meyer trägt. Aber wir wollen uns nicht nach dem Gegner richten, wir schauen auf uns.

Wie bewerten Sie das bisherige Abschneiden des 1.FCN?

Hecking: Das eine oder andere der elf Unentschieden wird sicherlich auch Hans Meyer nicht schmecken. Allerdings hat der Club auch erst zwei Niederlagen auf dem Konto, ist also nur schwer zu schlagen. Gefehlt hat in manchen Situationen vielleicht nur noch der letzte Tick an Konsequenz, sonst stünde man noch besser da. Aber Hans Meyer macht einen sehr guten Job, hat die Qualität der Mannschaft erheblich verbessert und vor allem viele junge Spieler eingebaut. Ich möchte da nur an Dominik Reinhardt und Ivan Saenko erinnern. Bezeichnend ist schon allein die Tatsache, dass Nürnberg bislang von keinem einzigen Gegner an die Wand gespielt worden ist. Auch am Wochenende rechne ich mit einem zähen Ringen, hoffentlich mit einem erfolgreichen Ende für uns...

Nach dem 3. Spieltag sind Sie von Aachen nach Hannover gewechselt. Aus persönlichen Gründen: Ihre Familie wohnt einen Steinwurf von Hannover entfernt. Sind Sie in der Leinestadt mittlerweile auch als Trainer richtig angekommen und merken, dass die Spielweise ihres Teams ihre Handschrift trägt oder wird das erst in der Vorbereitung auf die Rückrunde passieren?

Hecking: Durch die eigene Brille lässt sich das nur schwer beurteilen. Zum Stichwort Aachen kann ich nur sagen, dass ich dort zwei sehr emotionale Jahre verbracht habe. UEFA Cup, Aufstieg, die fantastische Stimmung am Tivoli - für mich persönlich war das meine bislang schönste und erfolgreichste Trainerstation. Aber unabhängig davon gibt es immer auch Veränderungen im Leben und Beruf. Dann muss man nach vorne schauen und sich auf seine neue Aufgabe konzentrieren. Wenn die Leute später dann einmal sagen, in Hannover hätte ich einen eigenen Stil geprägt und 96 damit nach vorne gebracht, wäre ich froh.

Herr Hecking, wir danken Ihnen und wünschen uns am Samstag eine rassige Partie!

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