Fathi: "Ein Unentschieden ist zu wenig"

Weiß, was er will: Jung-Nationalspieler Malik Fathi

Nürnberg - Einen Kurz- und zugleich seinen ersten Bundesligaeinsatz verbuchte Malik Fathi am 11. Spieltag der Saison 2003/04 unter Huub Stevens, in der Hinrunde jener Spielzeit noch Trainer bei Hertha BSC. Regelmäßig und von Anfang an ran durfte der vor kurzem 23 Jahre gewordene Linksverteidiger aber erst etwas später unter Hans Meyer. Dieser krempelte das damals abstiegsgefährdete Team gleich mehrfach um und setzte verstärkt auf die Jugend.

Am Samstag gibt's für Fathi ein Wiedersehen mit seinem früheren Förderer. "Natürlich freue ich mich auch auf Hans Meyer, dem ich eine Menge zu verdanken habe", sagt der zweikampf- und kopfballstarke Sohn einer Deutschen und eines Türken. Fathi, dem vor zwei Wochen sein erstes Bundesliga-Tor (78 Spiele) gelang, ist mittlerweile zweifacher deutscher Nationalspieler. fcn.de sprach mit dem waschechten Berliner.

fcn.de: Malik Fathi, die ersten Reaktionen nach Herthas 0:2-Niederlage in Cottbus waren zumeist Kritiken an der Leistung des Schiedsrichters Lutz Wagner. Wie beurteilen Sie die Partie mit etwas größerem zeitlichen Abstand?

Malik Fathi: Ich denke, dass wir uns zunächst an die eigene Nase fassen müssen. Wir haben nicht das umgesetzt, was wir uns im Vorfeld des Spiels vorgenommen hatten. Allerdings hatte der Schiedsrichter auch nicht seinen besten Tag. So hat er ein klares Foul an Yildiray Bastürk nicht geahndet, der daraufhin verletzt ausgewechselt werden musste. Und die Szene, als ich im Strafraum von zwei Spielern attackiert wurde, war mindestens genauso elfmeterwürdig wie der Strafstoß für Cottbus. Auch ein absichtliches Handspiel hätte mit Gelb bestraft werden müssen und dann hätte der Spieler Gelb-Rot gesehen. Doch nachkarten hilft jetzt nicht mehr, wir müssen nach vorne schauen.

Auffällig war, dass Ihr Team nach dem 0:1-Rückstand in der zweiten Halbzeit relativ kopflos nach vorne spielte. Fehlt in solchen "Stress-Situationen" die Abgeklärtheit einer reiferen Mannschaft?

Malik Fathi: Offensichtlich ja. Eigentlich hatten wir noch genügend Zeit, sind aber dann unerklärlicherweise hektisch geworden und haben die Bälle planlos nach vorne gespielt. In der Phase hat uns Yildiray absolut gefehlt.

Der Spielmacher der Hertha war nach einer halben Stunde verletzt ausgeschieden. Verkörpert die Hertha ohne Yildiray Bastürk nur Mittelmaß?

Malik Fathi: Yildiray ist der wichtigste Spieler in unserer Mannschaft, er ist das Herz. Wenn er ausfällt, müssen wir versuchen, dies zu kompensieren. Die Möglichkeiten dazu haben wir, aber es gelingt uns noch nicht.

Herthas Vereinsführung hat zwar kein konkretes Saisonziel ausgesprochen. Aber vermutlich hegen Sie wie viele andere Spieler auch insgeheim eigene Hoffnungen für die aktuelle Spielzeit. Wo soll denn die Hertha, wenn alles gut geht, am Ende der Saison stehen?

Malik Fathi: Ich denke, dass wir das Potenzial haben, im oberen Drittel der Tabelle zu landen. Uns geht es darum, eine junge Mannschaft zu entwickeln, die mit Mut und Leidenschaft Fußball spielt. Sollten wir diese Tugenden beherzigen, kommt der Erfolg von ganz alleine. Mit Rückschlägen müssen wir bei einer jungen Mannschaft immer rechnen.

In der Rückrunde der Saison 2003/04 schmiss Sie Ihr damaliger Trainer Hans Meyer wie so manchen anderen Jung-Profi ins kalte Bundesliga-Wasser. Sie haben sich durchgesetzt und gehören inzwischen was die Zahl der Einsätze angeht trotz ihres jungen Alters zu den arrivierten Spielern. Als Tipp für aufstrebende Nachwuchs-Kicker: Wie haben Sie das gemacht?

Malik Fathi: Es reicht nicht aus, wenn man nur Talent besitzt. Um Profi zu werden, muss man auch Klarheit im Kopf haben und wissen, was man will. In einer Stadt wie Berlin mit seiner ausgeprägten Medienlandschaft ist es nicht immer einfach, auf dem Boden zu bleiben.

Zu Saisonbeginn feierten Sie sogar Ihr Nationalmannschaftsdebüt und standen beim Sieg der DFB-Elf gegen Schweden sowie Georgien auf dem Platz. Haben Sie da noch etwas von der Euphorie und dem "Geist" der Weltmeisterschaft gespürt?

Malik Fathi: Sogar ganz deutlich. Die Mannschaft strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Alle Spieler haben mich super aufgenommen und es macht sehr großen Spaß, im Kreis der Nationalmannschaft sein zu dürfen. Und die Euphorie der Fans ist überwältigend

Wie sehen Sie ihre Chancen, sich in Zukunft auch in der DFB-Auswahl als feste Größe zu etablieren?

Malik Fathi: Natürlich ist es schwer, und es geht nur über konstant gute Leistungen im Verein. Aber ich bin fest entschlossen, meine Chance zu nutzen und alles dafür zu tun, mich in der Nationalmannschaft zu etablieren.

Am Samstag spielen Sie wieder gegen Ihren ehemaligen Trainer und Förderer Meyer. Ist das eine besondere Partie für Sie oder ein ganz normales Bundesliga-Duell?

Malik Fathi: Es ist zunächst einmal ein ganz normales Bundesligaspiel, das wir unbedingt gewinnen wollen und müssen. Natürlich freue ich mich auch auf Hans Meyer, dem ich eine Menge zu verdanken habe. Nur Geschenke werden am Samstag, auch wenn Hans Meyer am Freitag Geburtstag hat, nicht verteilt.

Wie bei der Hertha weiß man auch in Nürnberg zurzeit noch nicht so genau einzuschätzen, wie es um die eigene Stärke wirklich bestellt ist. Wie schätzen Sie den Club ein, und was trauen Sie den Schützlingen von Trainer Hans Meyer in dieser Saison zu?

Malik Fathi: So aus der Entfernung fällt mir es natürlich schwer, eine genaue Einschätzung abzugeben, aber ich denke, dass Nürnberg eine kompakte Mannschaft hat, aus der einzelne Spieler herausragen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Nürnberg eine gute Rolle spielen kann, aber bitte hinter uns in der Tabelle.

Der Club hat jetzt siebenmal in Folge Remis gespielt, ist einerseits das einzig noch ungeschlagene Team der Liga, wartet andererseits aber schon seit sieben Runden auf einen Sieg. Was für ein Spiel erwarten Sie vor diesem Hintergrund, und ist am Samstag ein Unentschieden nicht bereits programmiert...?

Malik Fathi: Ein Unentschieden ist für uns zu wenig, wir wollen mit aller Macht gewinnen. Es wird sicherlich ein sehr intensives Spiel mit dem hoffentlich besseren Ende für uns. Ich denke, es ist im Sinne von Nürnberg, lieber einmal zu verlieren und dann irgendwann zu gewinnen als immer unentschieden zu spielen. Außerdem ist dann auch der Druck für den Club weg, als einzige Mannschaft in der Bundesliga noch ohne Niederlage zu sein...

Vielen Dank, Herr Fathi, für das Gespräch!

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