Die Präsidenten des 1.FC Nürnberg

„Es ist ein schönes Hotel, aber es steht am falschen Platz“, brachte Interims-Schatzmeister Willi Hoffmann die Sache auf den Punkt. Natürlich wollte Schmelzer den Club 2000 auch zu einer Spitzenmannschaft formen. 1985 war der Club wieder erstklassig und spielte 1988 gar im Uefa-Cup, doch die finanzielle Talfahrt hatte sich beschleunigt und die sportliche sollte folgen. Es begannen die skandalträchtigsten Jahre des Traditionsvereins, die ihm fast die Existenz gekostet hätten.

Die Skandale sind untrennbar mit einem Namen verbunden: Ingo Böbel. Der unter Schmelzer seit 1986 amtierende Schatzmeister machte aus dem Club einen Selbstbedienungsladen.

Verfahren bei der Nürnberger Justiz

Schwarze Kassen wurden geführt, Gelder an der Buchführung vorbei abgezweigt und aufwendige Spesen wie private Flugreisen nach Monte Carlo oder Venedig bezahlt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte und verurteilte den Club-Schatzmeister, der einst in Saus und Braus lebte, schließlich im September 1994 wegen Veruntreuung von Vereinsgeldern in Höhe von 700.000 DM und wegen Steuerhinterziehung von 675.000 DM zu drei Jahren und sechs Monaten Haft.

Im Zuge des Böbel-Verfahrens verhängte die Nürnberger Justiz insgesamt gegen 22 Personen strafrechtliche Sanktionen, darunter auch gegen die ehemaligen Präsidenten Schmelzer, Oberhof und Haas. Die Verteidiger des Ex-Schatzmeisters legten im Prozess Wert auf die Mittäterschaft der Vorstände und Sponsoren. Ihr Fazit: „Man muss zugunsten des Angeklagten berücksichtigen, dass man in schlechte Gesellschaft kommen kann.“

Hermann Gerland wird Cheftrainer

Schmelzers Stern begann aber lange vor Böbels Verurteilung zu sinken. Als es mit der Mannschaft bergab ging, hievte Schmelzer Trainer Höher auf eigenen Wunsch auf den Managersessel und verpflichtete Höhers Lehrbuben, Hermann Gerland, als Cheftrainer.

Das Experiment ging schief und im Juni 1990 holte Schmelzer den holländischen Vizeweltmeister Arie Haan zum Club. „Nur Erfolgsmenschen können Erfolg vermitteln“, sonnte sich Schmelzer im Glanze des Weltmannes Haan. Doch Haan führte den Club nicht nach oben. Als Schmelzer Haan entlassen wollte, zog der Finanzrat des Vereins nicht mit, denn der Club hätte die fällige Abfindung nicht zahlen können. Im Januar 1991 stürzte letztendlich der Präsident Schmelzer über den Trainer Haan.

Hohr Schulden

Als Schmelzer abtrat, waren die Schulden auf 15,3 Mio. gestiegen, obwohl man die besten Spieler wie Eckstein, Reuter und Grahammer für teures Geld verkauft hatte. Schmelzers Vize Oberhof, ein in Nürnberg erfolgreicher Rechtsanwalt, rückte an die Spitze des Vereins, doch die Krise des Club spitzte sich zu. Weiterhin wurde weit mehr Geld ausgegeben als eingenommen.

Gewagte Konstruktionen bis hin zu ungedeckten Schecks wurden herangezogen, um teure Spieler zu verpflichten, die den sportlichen Niedergang aufhalten sollten. Im März 1992 belief sich der Schuldenstand schon auf 23 Mio. Mark. Dazu kamen die negativen Schlagzeilen wegen allzu großzügiger Geschenke an Schiedsrichter und frisierter Vereinsbilanzen. Der DFB reagierte mit Geldstrafen und Amtsverboten für Club-Funktionäre.

Ein bisschen Dallas und ein „Waschechter“

Als im Juli 1992 Oberhof zurücktrat, erschien der Laufer Unternehmer und CSU-Kommunalpolitiker Gerhard Voack den Mitgliedern als rettender Strohhalm, hatten sie doch gerade erfahren, dass der Verein von 1983 bis 1992 trotz leerer Kassen insgesamt 25 Mio. Mark in neue Spieler investiert hatte.

Voack, den geschäftsführenden Teilhaber an einer Baumarkt-Kette, schreckte das nicht, er fühlte sich zu Großem berufen. Doch die Zeit für den Mann mit der „unnachahmlichen Selbstüberschätzung“ (Nürnberger Zeitung), der wegen seines Auftretens als „J.R. von Lauf“ bekannt war, war schon am 24.Januar 1994 wieder abgelaufen. Angesichts von Mord- und Bombendrohungen aufgebrachter Club-Anhänger schmiss er das Handtuch.

Eckstein zu Schalke

Deren Zorn hatte sich Voack nicht zuletzt dadurch zugezogen, dass er sich – ganz Alleinherrscher – zu sehr in sportliche Belange eingemischt hatte. So verkaufte er in einer Nacht- und Nebel-Aktion den Publikumsliebling Dieter Eckstein an Schalke 04 oder entließ Trainer Willi Entenmann nach einem 2:0-Heimerfolg über den FC Bayern München zu einem Zeitpunkt, als der Club sich sportlich gerade wieder etwas gefangen hatte. Der Club stieg ab, die Schulden blieben.

 

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