Donnerstag, 21.06.2012

Vor 76 Jahren - glücklicher Meister

Die Meisterschaft des Jahres 1936 jährt sich am Donnerstag, 21.06.12.

Nach den „goldenen“ 1920er Jahren mit fünf gewonnenen Endspielen ohne ein einziges Gegentor sorgte der Club auch in den Dreißiger Jahren für Furore: Das Finale um die Deutsche Meisterschaft 1934 ging zwar denkbar knapp gegen Schalke 04 verloren, doch ein Jahr später holte der 1. FCN den erstmals ausgespielten Deutschen Vereinspokal. Und 1936 steht der Club schon wieder in einem Endspiel: Gegen Fortuna Düsseldorf geht es um die Deutsche Meisterschaft.

Ungeschlagen hatte sich der 1. FCN den Titel des Bayerischen Gaumeisters gesichert und ungeschlagen zog er als Erster in seiner Gruppe zur Deutschen Meisterschaft ins Halbfi nale ein. Dort stand dann das vorweggenommene Endspiel an: Der Gegner hieß erneut Schalke 04. Die Sprechchöre „Glaubt nicht an Spuk und böse Geister – Schalke wird Fußballmeister“ verstummten schon sehr bald in der ausverkauften „Adolf-Hitler-Kampfbahn“ in Stuttgart, denn die Nürnberger Deckung stand sehr sicher und schließlich gab es ja noch Mittelstürmer Georg Friedel. Der hieß nicht umsonst der „Schalke-Schreck“ und machte seinem Namen alle Ehre. Er allein schoss den 2:0-Endstand heraus.

Endspiel gegen Fortuna Düsseldorf

Damit steht der 1. FCN im Finale, der Endspiel-Gegner heißt Fortuna Düsseldorf. Gespielt wird im Berliner Poststadion am 21.Juni, einem der heißesten Tage des 1936er Sommers. Die von Hans Kalb betreute Club-Elf gilt als Favorit, doch die Düsseldorfer erwischen den besseren Start. Schon nach fünf Minuten liegen sie in Führung. Kobierski, der Außenstürmer der Fortunen, hatte Hans „Abel“ Übelein, genannt Übelein I, weggeschoben. Während der vergeblich auf den Pfiff von Schiedsrichter Birlem wartet, startet der Düsseldorfer durch. Auf seinen Pass hin ist Nachtigall eine Idee schneller am Ball als Club-Torhüter Georg „Schorsch“ Köhl und der Düsseldorfer Mittelstürmer schießt nach einer kurzen Drehung ins Tor.

Die Nürnberger Spieler reagieren zunächst verwirrt und übertreiben das Kurzpass-Spiel ohne Raumgewinn. Die Außenseiter aus Düsseldorf wirken dagegen frischer und angriffsfreudiger – und der Club hadert mit dem Schiedsrichter, der die harte Gangart der Fortunen durchgehen lässt. Erst allmählich bekommen Heinz Carolin und Übelein I Ruhe ins Nürnberger Spiel. Als Carolin sich ohne gegnerische Einwirkung auf dem trockenen und mit Rissen übersäten Rasen das Knie verdreht und nur noch über den Platz humpeln kann, zieht „Abel“ Übelein das Spiel an sich. Er wächst über sich hinaus, kämpft für zwei und gibt in der 34. Minute den entscheidenden Pass zum Ausgleichstreffer. Max „Muckl“ Eiberger umkurvt noch einen Düsseldorfer und schießt unhaltbar zum 1:1 ein.

Kalb muss umstellen

„Das wird eine böse Geschichte, mit zehn Mann halten wir das nicht aus“, stöhnt Übelein I schon in der Pause. In der zweiten Halbzeit stellt Kalb den verletzten Carolin nach rechts und nimmt Übelein I in die Mitte. Der wird zum Dreh- und Angelpunkt im Nürnberger Strafraum. Immer wieder erkämpft er sich auch in scheinbar aussichtslosen Situationen den Ball und rettet dem Club zusammen mit Köhl das Unentschieden. Nach 90 Minuten pfeift Schiedsrichter Birlem ab und verkündet: „Nach zehn Minuten Pause Verlängerung bis zum nächsten Treffer, jedoch nicht länger als zweimal fünfzehn Minuten.“

Noch einmal baut Kalb die Mannschaft um. Er teilt Georg „Schorsch“ Friedel, den bis dahin wirkungsvollsten Stürmer, als rechten Läufer ein. Karl Gußner ist nun im Club-Sturm ganz auf sich allein gestellt. Kalbs taktische Maßnahme hat Erfolg, denn das Spiel ist nunmehr ausgeglichen. Die Düsseldorfer sind zwar gefährlicher, erzielen nach fünf Minuten ein Abseitstor und schießen aus allen Lagen, doch die Cluberer wehren mit letztem Einsatz ab und erarbeiten sich Konterchancen.

Sechste Meisterschaft

Die Spieler sind angesichts der sengenden Hitze vor Erschöpfung schon dem Zusammenbruch nahe, als der Club noch einmal alles auf eine Karte setzt. 25 Sekunden vor dem Ende der Verlängerung, als alle Anwesenden sich schon mit einem Widerholungsspiel abgefunden haben, fällt dann doch noch die Entscheidung. Birlem lässt einen von Friedel bereits getretenen Freistoß an der Mittellinie noch einmal ausführen. Friedel passt dieses Mal zu Gußner. Der pfeilschnelle Mann spurtet  noch etwa 20 Meter, bevor er das Leder mit einem fulminanten Spannschuss aus gut 25 Metern unhaltbar für Fortunas Torwart Pesch ins Netz jagt. Schlusspfiff.

Der Club ist zum sechsten Mal Meister und die Berliner Zuschauer feiern beide Mannschaften. „Wir sind überglücklich, dass diesmal das Glück bei uns war, aber die Besseren – das wart ihr.“ Mit diesen Worten nimmt Club-Vorsitzender Karl Müller die Glückwünsche der Düsseldorfer Vereinsführung entgegen. Nürnbergs Oberbürgermeister Liebel eilt in seiner SA-Uniform auf den Platz und hängt Club-Stürmer Seppl Schmitt einen Lorbeerkranz um die Schultern.Das Foto des SA-Mannes inmitten der bekränzten Spieler Carolin, Friedel und Schmitt ziert denn auch die Titelseite des kicker vom 23. Juni 1936.

"Gewaltigste und überzeugendste Dauerleistung"

In Nürnberg wird die Mannschaft begeistert empfangen. Tausende säumen die mit Hakenkreuz-Flaggen geschmückten Straßen vom Hauptbahnhof zum Adolf-Hitler-Platz, wie der Hauptmarkt damals heißt. Als um 19:01 Uhr der Zug aus Berlin im Nürnberger Hauptbahnhof einrollt, kennt der Jubel keine Grenzen mehr.

In der Fachpresse wird Nürnbergs Sieg durchweg als glücklich bezeichnet. Der renommierte Fußball sieht „einen Sieger“ und „zwei Meister“. Der Club sei nicht aufgrund seiner Leistung im Finale, sondern aufgrund der „gewaltigsten und überzeugendsten Dauerleistung im Verlauf einer Saison“ Meister geworden – so „verdient wie wohl selten ein Verein der Welt“.

Das Spiel in der Statistik:

1. FC Nürnberg - Fortuna Düsseldorf 2:1 n.V. (1:1, 1:1) / Club: Köhl - Billmann, Munkert - Übelein I., Carolin, Oehm - Gußner, Eiberger, Friedel, Schmitt, Schwab Düsseldorf: Pesch - Janes, Bornefeld - Mehl, Bender, Czaika - Albrecht, Wigold, Nachtigall, Zwolanowski, Kobierski Tore: 0:1 Nachtigall (5.), 1:1 Eiberger (34.), 2:1 Gußner (120.) Schiedsrichter: Birlem (Berlin) Zuschauer: 45.000


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