Profis Mittwoch, 03.06.2015

René Weiler: "Wie die Jungfrau zum Kinde"

Foto: Daniel Marr

fcn.de sprach mit dem Club-Coach darüber, wie er den Trainerberuf erlangte, über ehemalige Übungsleiter, den Reiz des deutschen Fußballs und die ersten Monate beim Club.

fcn.de: Sie sind jetzt etwas mehr als ein halbes Jahr in Deutschland. Wieviel bekommen Sie eigentlich noch vom Schweizer Fußball mit?

René Weiler: Ganz wenig. Ich schaue mir die Tabellen an. Bilder sehe ich aber gar keine, weil man hier das Schweizer Fernsehen nicht rein bekommt. Ich war seit Januar auch nur ein einziges Mal in der Schweiz und verfolge so eigentlich nur die Resultate.

fcn.de: Ihr Ex-Klub FC Aarau hat den Klassenerhalt verpasst und steigt aus der ersten Liga ab. Schmerzt Sie das?

René Weiler: Ich habe mitbekommen, dass sie eine schwierige Phase hatten. Natürlich hätte ich ihnen gewünscht, dass sie den Klassenverbleib schaffen, aber ich bin emotional mittlerweile schon relativ weit weg vom FC Aarau. Es hat sich inzwischen auch einiges dort verändert. Rund um die Mannschaft sind nicht mehr viele Personen da, die ich kenne.

fcn.de: Trainer Raimondo Ponte ist dafür kein Unbekannter für Sie. Er war auch mal Ihr Trainer, als Sie in Zürich spielten.

René Weiler: Das liegt aber schon lange zurück. (lacht) Er hat sich über die Jahre sicher auch verändert. Aber natürlich ist er mir im Gedächtnis geblieben.

fcn.de: Sie hatten durchaus interessante Trainer zu Ihrer aktiven Zeit: Peter Knäbel, der früher auch beim Club gespielt hat, oder Rolf Fringer oder Wolfgang Frank. Was schaut man sich von solchen Persönlichkeiten ab?

René Weiler: Ich war in meinen Mannschaften häufig Kapitän oder Vize-Kapitän. Da ist man noch etwas näher dran am Trainer. Und ich glaube schon, dass ich im Unterbewusstsein viel von ihnen mitgenommen habe. Ich habe als Spieler auch schon oft überlegt: Wie würde ich verschiedene Dinge machen? Was macht der jeweilige Trainer gut? Und ich habe darauf geachtet, wie der Trainer die Spieler anpackt, wie seine Trainingsgestaltung aussieht.

fcn.de: Wolfgang Frank gilt in Deutschland als Lehrmeister von Jürgen Klopp. Haben Sie auch eine Art Mentor?

René Weiler: Den einen gab es nicht. Ich habe von vielen Trainern Eindrücke gesammelt und in meine Überlegungen einfließen lassen. Und was ich gut fand, habe ich ein Stück weit übernommen, aber nie kopiert. Das wollte ich nie. Ich hatte immer den Ehrgeiz, auch eine eigene Note zu setzen.

fcn.de: Wann war denn klar, dass Sie mal Trainer werden wollen?

René Weiler: Das war nie klar.

fcn.de: Nie?

René Weiler: Nein, ich kam dazu eigentlich wie die Jungfrau zum Kinde. Ich wurde in der zweiten Liga in Winterthur sportlicher Leiter. Dann kam das Angebot aus St. Gallen, wo ich auch drei Jahre lang sportlicher Leiter war. Parallel dazu habe ich die Trainerlizenzen gemacht – und habe es immer irgendwie dem Schicksal überlassen, was passiert.

fcn.de: Dann hat es das Schicksal so gewollt, dass Sie heute Trainer sind?

René Weiler: Ja, ein Stück weit schon. Klar war für mich immer, dass ich Verantwortung übernehmen und mich einbringen will. Ob das nun als sportlicher oder technischer Leiter oder als Trainer ist, darauf habe ich mich eigentlich nie bewusst festgelegt.

fcn.de: In St. Gallen waren Sie zwischenzeitlich sogar beides: Sportlicher Leiter und Trainer.

René Weiler: Das wurde mir letztlich auch zum Verhängnis. Aber es hat mir Spaß gemacht, auf dem Platz zu stehen. Und das Feedback war positiv. Ich wurde in dem bestärkt, was ich mache, die Resultate haben gestimmt. Wenn das alles nicht gepasst hätte, dann hätte ich die Trainerschiene wahrscheinlich gar nicht weiter verfolgt.

fcn.de: Und dann wären Sie heute auch gar nicht Trainer des 1. FC Nürnberg. War es denn Ihr Ziel nach Ihrem Rücktritt beim FC Aarau im vergangenen Sommer, als nächster Schritt nach Deutschland zu gehen?

René Weiler: Nein, ich war nach meiner Zeit in Aarau offen für Neues. Es gibt aber auch andere Dinge im Leben, die ich mir hätte vorstellen können. Dabei ging es auch nicht alleine um Fußball, wenngleich der Fußball natürlich meine Leidenschaft ist.

fcn.de: Am Ende hat sich die Leidenschaft für den Fußball aber durchgesetzt und Sie haben sich für ein Trainer-Engagement in Deutschland entschieden. Warum?

René Weiler: Es war eine Mischung aus Abenteuer und Ehrgeiz, die den Ausschlag gegeben hat. Und Deutschland hat mich schon am meisten fasziniert, von der Fußballbegeisterung her, von den Rahmenbedingungen. Mein Ehrgeiz hat gesagt, ich muss nach Deutschland, weil dort der Fußball den höchsten Stellenwert hat und man dort sehr viel erreichen kann.

fcn.de: Quasi zur Vorbereitung haben Sie während Ihrer Pause viele Spiele in Deutschland beobachtet, darunter auch einige U19-Spiele. Warum?

René Weiler: Es ging dabei nicht um Vereine oder spezielle Spieler. Ich habe dabei eher auf andere Dinge geachtet: Wie ist das Coaching des Trainers? Was für ein Fußball wird gespielt? Wie verhalten sich die Spieler untereinander? Wie sind die Rahmenbedingungen und kommen die jungen Spieler damit zurecht? Die Spiele, die ich gesehen habe, waren diesbezüglich auf einem guten Niveau.

fcn.de: Ihre erste Saison in Deutschland haben Sie mit dem Club auf Platz 9 abgeschlossen. Es war sicher keine einfach Saison. Sind Sie froh, dass nun Sommerpause ist?

René Weiler: Es war nicht so, dass ich das Saisonende herbei gesehnt habe. Aber es war auch eine zähe Saison und eine sehr lehrreiche Zeit, aus der ich wie alle anderen versuche, die richtigen Schlüsse zu ziehen, damit wir in der neuen Saison mehr Freude haben werden.

fcn.de: Was hat Ihnen besonders gefallen?

René Weiler: Da muss ich sicherlich unsere Fans und Anhänger heraus heben. Die sind fantastisch. Wie viele uns die ganze Spielzeit über unterstützt haben und auch die Art und Weise, war schon großartig.


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