Nachwuchs Dienstag, 13.04.2021

NLZ-Leiter Michael Wiesinger: "Trotz Pandemie weiterentwickelt"

Foto: Sportfoto Zink

Seit über einem Jahr hat die Corona-Pandemie die Welt und damit natürlich auch das Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg fest im Griff. Zeit also, mit NLZ-Leiter Michael Wiesinger auf ungewöhnliche 13 Monate zurückzublicken.

fcn.de: Michael Wiesinger, ein Jahr Pandemie, wie ist das NLZ durch diese Zeit gekommen?

Michael Wiesinger: „Wir haben unseren Weg gefunden, mit den Umständen zurechtzukommen. Dabei haben wir uns weiterentwickelt, auch durch die Erfahrungen, die wir in der Pandemie gemacht haben und die neuen Trainingsmethoden, die wir ausgetestet haben.“

fcn.de: Was waren die größten Hürden?

Michael Wiesinger: „Uns geht es wie allen Menschen. Wir sind abhängig von den Entscheidungen der Politik. Daher ist es auch nicht so einfach gewesen, immer strategisch vorzugehen und über längere Zeiträume zu planen. Wir haben uns von Beginn an streng an die Vorgaben des Nürnberger Gesundheitsamtes gehalten. Seit Januar sind wir mit den Leistungsteams U17 bis U21 wieder im Training. Nach der Freigabe durch die Behörden haben wir auch bei der U14, U15 und U16 wieder behutsam das Training aufgenommen. Kurzzeitig standen auch die Jüngsten wieder auf dem Platz, doch das haben die Behörden aufgrund der steigenden Inzidenzwerte wieder untersagt."

fcn.de: Wie sieht der Alltag im NLZ aktuell aus?

Michael Wiesinger:  „Statt nach dem Wetter schauen wir am Morgen erst einmal auf die neuesten Werte. Wir versuchen die Anzahl der Mitarbeiter im Büro möglichst niedrig zu halten, der Großteil arbeitet aus dem Homeoffice. Wir haben hier allerdings auch einen Internatsbetrieb aufrecht zu halten.“

fcn.de: Und was passiert sportlich?

Michael Wiesinger: "Die Planungen für die neue Saison laufen. Ganz einfach ist das nicht, da es im Moment außer in internen Tests und Trainingsspielen keine Möglichkeit gibt, den Entwicklungsstand der Spieler aktiv in einem echten Wettkampf zu messen. Wir beobachten daher die Trainingseinheiten noch intensiver, nicht nur durch die Übungsleiter, sondern auch durch die Mitarbeiter, die in die Kaderplanung eingebunden sind.“

fcn.de: Werden denn in dieser Saison noch Spiele bestritten?

Michael Wiesinger: „Hier warten wir auf eine Entscheidung des DFB. Wir gehen davon aus, dass U17- und U19-Bundesliga sowie der U19-Pokal nicht mehr ausgespielt werden. Es wird spannend zu beobachten sein, wie es dann weitergeht, zum Beispiel mit Auf- und Abstieg. Aktuell bereiten wir uns mit allen Teams allerdings so vor, als würde der Spielbetrieb noch einmal aufgenommen werden."

fcn.de: Wie schwierig ist es, die Motivation bei den Spielern aufrecht zu halten?

Michael Wiesinger: „Gewöhnlich war es so, dass der Wettkampf am Wochenende alles unter der Woche überstrahlt hat. In den Duellen mit anderen Teams wird der Leistungsstand abgerufen. Das ist natürlich ein wichtiger Indikator, um ein Talent zu beurteilen. Aufgrund der fehlenden Wettkämpfe halten wir die Eigenverantwortung hoch, auch indem wir die Jungs immer wieder daran erinnern, dass es ein Privileg ist, im Moment Fußball spielen zu dürfen.“

fcn.de: Nur Training, kein Wettkampf. Worauf muss man da besonders achten?

Michael Wiesinger: „Bei allem Einsatz ist es wichtig, dass es Möglichkeiten zur Regeneration gibt. Wir achten dabei auch auf die mentale Frische. Abwechslung und Pausen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Es ist wichtig, dass die Trainer mit den Spezialtrainern im Austausch sind, damit man gemeinsam einen Plan entwickelt, wie man verlorene Wettkampfzeit wieder auffängt. Auch wenn man ein Duell elf gegen elf auf Augenhöhe kaum ersetzen kann.“

fcn.de: Verändert Corona die Kaderplanung?

Michael Wiesinger:  „Wir haben uns im vergangenen Sommer bewusst dazu entschieden, dem ein oder anderen noch eine Chance zu geben, viele Jungs konnten sich gar nicht richtig zeigen. Der Corona-Gedanke mit den verpassten Gelegenheiten für die Spieler wird von uns nach wie vor beachtet und fließt in die Entscheidungsfindung mit ein.“

fcn.de: Und wie findet man Neuzugänge?

Michael Wiesinger: „Es ist natürlich komplizierter, denn es gibt keine Ländervergleiche, keine Ligaspiele. Aber das trifft ja alle, im Moment hat keiner einen Vorteil. Wir nutzen das Netzwerk, dass wir hier aufgebaut haben und greifen auf das Scouting der vergangenen Jahre zurück. Und wir haben den Vorteil, dass wir als einer der wenigen Vereine über eine U21-Mannschaft verfügen.“ 

fcn.de: Beeinflusst die Pandemie die interne Entwicklung?

Michael Wiesinger: „Corona hindert uns doch nicht, weiterhin alles zu durchleuchten, untereinander kritisch mit gewissen Dingen umzugehen. Corona gab uns vielmehr die Gelegenheit, Dinge zu justieren, uns Zeit zu nehmen und uns mit den Themen zu beschäftigen, die sonst an einem vorbeiziehen. Zum Beispiel die Trainings- und Spielidee. Wo können wir Dinge verbessern? Wo Abläufe optimieren? Wir haben im vergangenen Jahr die Ausbildungsleiter eingeführt, die Trainer und Teams eng begleiten.“

fcn.de: Und wie lauten die Erkenntnisse?

Michael Wiesinger: „Ich bin der Meinung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir eine klare Identität haben, wo wir hin wollen, wie wir trainieren und spielen wollen und welche Art von Teams wir auf dem Platz wollen, welche Werte diese Teams präsentieren sollen.“

fcn.de: Trotzdem stehen Veränderungen im Trainerteam bevor. 

Michael Wiesinger: „Aktuell sind wir dabei, die elf Trainerteams für die neue Saison zusammenzustellen. Wenn man neue Dinge anstoßen will, muss man etwas verändern, das ist nicht nur im Fußball so. Im Leistungsbereich werden wir die Positionen bei der U19 und U17 neu besetzen. Mit U17-Trainer Peter Gaydarov gab es Gespräche, er hat sich für einen anderen Verein entschieden. Fabian Adelmann hat in der U19 gute Arbeit geleistet, wie bereits zuvor in der U21 und als Co-Trainer bei den Profis. Sein Vertrag läuft im kommenden Sommer aus und wir haben uns entschlossen, dass wir auf dieser Position eine Veränderung haben wollen. Auch wenn die Spielzeit offiziell noch nicht zu Ende ist, möchte ich mich schon jetzt bei beiden für die gute Arbeit bedanken, die sie für den FCN geleistet haben."

fcn.de: Zum Schluss ein Satz zur aktuellen Beziehung zwischen NLZ und Profiteam?

Michael Wiesinger: „Wir haben einen Cheftrainer, der in der aktuellen Situation den Mut hatte, junge Spieler zu bringen. Wir reden nicht nur über Nachwuchsförderung, wir leben sie auch vor. Das ist der Weg. Der Nachwuchs ist in der strategischen Planung des 1. FC Nürnberg eine wichtige Säule und die Durchlässigkeit die logische Konsequenz unseres Kurses.“


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