Fans Donnerstag, 31.12.2020

"Liebe Club-Fans, ..."

Liebe Club-Fans,

ich möchte mich zum Ende des Jahres auf diesem Weg bei euch melden. Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich, aber was war dieses Jahr schon gewöhnlich? Das Jahr 2020 war für die meisten – oder alle von uns – eine große Herausforderung. Das Coronavirus hat unser Leben, wie wir es kennen, komplett auf den Kopf gestellt. Auch sportlich war es das wahrscheinlich schwerste Jahr der Vereinsgeschichte, die Rückrunde 2019/20 eine Achterbahnfahrt. Auf kleine Erfolge folgten meist große Rückschläge. Ich frage mich immer noch, welche Richtung unsere Saison zum Beispiel hätte nehmen können, wenn wir das Derby in Fürth in letzter Sekunde für uns entschieden hätten.

Aber ich glaube nicht an „Hätte“, „Wenn“ und „Aber“. Wir haben es nämlich nicht geschafft, regelmäßig über 90 Minuten geschlossene Mannschaftsleistungen abzuliefern. Dem 6:0 in Wiesbaden folgte ein 0:6 gegen Stuttgart – 180 Minuten als Symbolbild für unsere Saison. Am Ende ging es in die Relegation, die wir, wenn man die Spielanteile betrachtet, verdient gewonnen haben. Jedoch war die Art und Weise unglaublich dramatisch. Fabian Schleusener erlöste uns alle von unseren sportlichen Leiden und wir retteten uns in ein nächstes Jahr Liga zwei. Wir waren enttäuscht, sauer, traurig, glücklich und vor allem erleichtert, noch eine Chance bekommen zu haben.

Die kurze Sommerpause hat ein wenig über den Schock hinweggeholfen. Aber uns war allen klar, dass es so natürlich nicht weitergehen kann. Mit Dieter Hecking und Robert Klauß kamen neue alte Gesichter an den Valznerweiher, die frischen Wind und neue Zuversicht brachten. In der Vorbereitung auf die neue Spielzeit entwickelte sich schnell die Lust und Bereitschaft, es deutlich besser machen zu wollen als zuvor. Der ordentliche Start in die Saison und die vielen verspielten Führungen brachten schnell die Erkenntnis, dass wir uns nach vorne bewegen, aber im Kopf noch nicht alles vergessen war. Aber die jüngsten Ergebnisse und vor allem die ins Ziel gebrachten Führungen zeigen, dass diese Truppe gewinnen will - um jeden Preis.

In der zweiten Liga muss man Punkte sammeln. Klar geht es spielerisch deutlich besser, aber wir sind auf dem richtigen Weg. Wenn wir geduldig bleiben, und damit meine ich auch das Umfeld, dann haben wir die Möglichkeit, eine ruhige Saison zu spielen und eine gute Basis für die Zukunft zu legen. Ähnlich unserem Vorstand Niels Rossow und Dieter Hecking bin ich der Meinung, dass der 1. FC Nürnberg ein stolzer Verein ist, der sich nicht weiter hinter dem „Deppenstempel“ verstecken sollte. Das aus den Köpfen zu bekommen, ist eine riesige Aufgabe und wir müssen diese Aufgabe auch auf dem Platz bewältigen – gar keine Frage. Diese Stadt hat es verdient, dass ihr größter und wichtigster Sportverein von allen Fans und Anhängern als stolzer Vertreter Nürnbergs und seiner Region empfunden wird. Dabei müssen wir alle mithelfen.

Fußball ist ohne Fans kaum etwas wert. In all den bedeutenden Momenten, die mir zum Jahresausklang in den Sinn kommen, konntet ihr nicht bei uns sein. Ihr habt uns sehr gefehlt und tut es noch immer – ja, wenn es sein muss, auch, um uns für schwache Spiele im Stadion auspfeifen zu lassen. Ich möchte dennoch einen Appell an die Fans richten, die uns täglich in den Sozialen Medien folgen. Es ist verständlicherweise, was das Sportliche betrifft, viel Kritik auf uns Spieler eingeprasselt. Jedoch ging es viel zu oft weit unter die Gürtellinie. Ich denke wir sollten uns, gerade wenn wir das Corona-Jahr 2020 betrachten, auf die wichtigen Dinge besinnen. Und da steht der Fußball nicht an erster Stelle. Ich hoffe, wir können dieses schwere Kapitel, in dem einige Teamkollegen von grenzüberschreitenden Anfeindungen betroffen waren, bald beenden, um den Fußball zu erleben, den wir alle lieben. Mit euch zusammen.

Wir haben alle vor ein paar Jahren gesehen, was in dieser Stadt und mit diesen Fans möglich ist. Es entstand ein Zusammenhalt, den ich beim 1. FC Nürnberg, seit ich auf der Welt bin, so nicht gesehen habe. Ich hoffe, dass wir gemeinsam, wir auf dem Platz und ihr hoffentlich auf den Rängen, bald wieder eine Einheit bilden können. Zusammen in ein besseres Jahr 2021 mit euch als unsere Kraft im Rücken. 

Euer Enrico


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