Mittwoch, 16.01.2013

"Jenö Konrad, Franz Salomon und der Club"

Der Club lädt zu einer Veranstaltung zum Gedenken an den Ausschluss der jüdischen Mitglieder.

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern erinnerten die Club-Fans Jenö Konrad. Foto: Sportfoto Zink

"Der Club – Fußballkultur seit 1900", heißt das Motto beim 1. FC Nürnberg. Der 1. FCN ist stolz auf seine ruhmreiche Vergangenheit und setzt sich mit ihr intensiv auseinander. Dabei klammert er aber auch das wenig rühmliche Verhalten des Vereins in der Zeit des Nationalsozialismus nicht aus: Früher als manch anderer Verein hat der 1. FCN Ende April 1933 seine jüdischen Mitglieder aus dem Verein ausgeschlossen. Um an dieses dunkle Kapitel in der Club-Geschichte zu erinnern, hat der 1. FCN die Tochter des einstigen jüdischen Trainers Jenö Konrad nach Nürnberg eingeladen.

Evelyn Konrad ist heute 84 Jahre alt und lebt in New York. Der 1. FCN freut sich sehr, dass sie sofort zugesagt hat, nach Nürnberg zu kommen. Sie wird am Dienstag, 22.01.13, um 19 Uhr in der Turnhalle am Sportpark Valznerweiher über ihren Vater Jenö Konrad und dessen Odyssee quer durch Europa auf der Flucht vor den Nazis berichten.

Jenö Konrad verließ Nürnberg 1932

Jenö Konrad, einst ungarischer Nationalspieler, war im August 1930 nach Nürnberg gekommen, um die in die Jahre gekommene Meistermannschaft des 1. FCN zu verjüngen. Im August 1932 machte das antisemitische Hetzblatt Der Stürmer negative Stimmung gegen den jüdischen Trainer: "Der 1. FCN geht am Juden zugrunde." Jenö Konrad erkannte die Zeichen der Zeit, dass man als Jude in Deutschland nicht mehr in Sicherheit war, und verließ noch in der Nacht vom 5. auf den 6. August 1932 mit seiner Frau Grete und seiner dreijährigen Tochter Evelyn die Stadt Nürnberg in Richtung Wien – zum starken Bedauern der Vereinsführung.

Immer auf der Flucht vor den Nazis verschlug es Jenö Konrad u.a. nach Österreich, Rumänien, Italien, Frankreich und zuletzt nach Portugal. Als sich die politische Lage in Europa immer mehr zuspitzte, emigrierte er 1940 mit seiner Familie in die USA. Er verstarb am 15. Juli 1978 im Alter von 83 Jahren in New York.

„Der Club war der erste. Und muss der erste werden.“

Für die Vereinschronik hatte er unmittelbar vor seiner Flucht im August 1932 noch ein signiertes Foto mit dem Spruch beigelegt: "Der Club war der erste. Und muss der erste werden." Diese Worte von Jenö Konrad waren neben seinem Konterfei Hauptbestandteil einer aufwendigen Choreografie der Nürnberger Ultras beim Spiel gegen Bayern München am 17. November 2012. Damit erinnerte die Nürnberger Fan-Szene 80 Jahre später an ein geschichtsträchtiges Ereignis der Club-Historie und setzte ein klares Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus.

Mit der Einladung von Evelyn Konrad geht der Club nun noch einen Schritt weiter: Der 1. FCN wird die Veranstaltung mit Evelyn Konrad zum Anlass nehmen, der in der Zeit von 1933 bis 1945 ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder zu gedenken.

Ausschluss vom Club

Am 27. April 1933 hatte der 1. FCN beschlossen, die jüdischen Mitglieder aus seiner Mitgliederliste zu streichen. Schon wenige Tage später erhielten jüdische Vereinsmitglieder wie z.B. der 24-jährige Kaufmann Franz Anton Salomon, der am Webersplatz 9 wohnte, Post vom Club. "Wertes Mitglied, wir teilen Ihnen mit, dass wir Sie diesem Beschluss gemäß ab 1. Mai 1933 aus unserer Mitgliederliste gestrichen haben. Mit sportlicher Hochachtung." Dieser Brief befindet sich im Archiv des Leo Baeck Instituts in New York.

Wie viele jüdische Mitglieder des 1. FCN von diesem Ausschluss betroffen waren, kann heute nicht mehr geklärt werden, die Mitgliederkartei aus der damaligen Zeit ist nicht mehr vorhanden. Stellvertretend für alle ausgeschlossenen jüdischen Mitglieder erinnert der 1. FCN auf der Veranstaltung am 22. Januar 2013 an Franz Anton Salomon.

Weitere Gäste

Neben Evelyn Konrad begrüßt der Club Bernd Siegler, Autor zahlreicher Publikationen über den 1. FC Nürnberg, und Christian Mössner von den Ultras Nürnberg 1994 auf dem Podium. Moderiert wird die Veranstaltung von Katharina Wildermuth, Pressesprecherin des 1. FC Nürnberg.

Im Rahmen der Veranstaltung haben am Dienstag am Sportpark Valznerweiher auch der Fanshop, das Club-Museum und auch die Stuhlfauth-Stuben länger geöffnet.


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