Sonntag, 03.11.2013

„Ich habe überreagiert“

Club-Kapitän Raphael Schäfer richtet ein offenes Wort an Fans und Medien. Kapitänsamt höchstes Gut. Missverständnisse im Dialog klären.

fcn.de: Konntest du heute Nacht gut schlafen?

Raphael Schäfer: Jeder, der Fan des 1. FC Nürnberg und mit dem Herzen dabei ist, leidet nach so einem Spiel wie gegen den SC Freiburg. Wir verstehen die Enttäuschung von Teilen der Fans in der jetzigen Situation. Wer bei einem Traditionsverein spielt, dem sind solche Situationen nicht fremd. Dass Emotionen und Sorgen hochkommen, ist verständlich. Wir haben uns alle mehr vorgenommen, als nur sieben Punkte nach elf Spielen auf dem Konto zu haben. Und vor allem für die Partie gegen Freiburg hatten wir uns viel vorgenommen, wir wollten unbedingt gewinnen.

fcn.de: Es gab unterschiedliche Medienberichte zu den Vorkommnissen in der Nordkurve nach dem Spiel. Weshalb bist du später als die Mannschaft in die Kurve gegangen?

Raphael Schäfer: Direkt nach Abpfiff habe ich die Mannschaft zusammen gerufen, und wir waren alle gemeinsam in der Kurve. Ich habe dann in der Mixed Zone meinen Job erledigt und die Interviews für die Medienvertreter abgearbeitet. Als Kapitän ist es meine Aufgabe, mich zu stellen und für jeden einzelnen Spieler Verantwortung zu übernehmen. Als ich danach in die Kabine zurückkam, war die gesamte Mannschaft noch einmal in der Kurve.

fcn.de: Weshalb hast du dann nicht das Wort an die Fans gerichtet, wie es jeder Kapitän tun würde?

Raphael Schäfer: Ich stehe als Kapitän immer Rede und Antwort und stelle mich jeder Kritik. Als ich das Mikrofon ergreifen wollte, wurde mir unmissverständlich mitgeteilt, dass alles gesagt sei und ich das Wort nicht mehr an die Kurve richten sollte. Es wurde uns signalisiert, dass alles gesagt sei und wir in die Kabine zurück gehen könnten.

fcn.de: Warum kam es dann dennoch zu massiver verbaler Kritik in deine Richtung?

Raphael Schäfer: Ich habe erst später erfahren, dass der Kurve wohl nicht mitgeteilt wurde, dass mir gesagt wurde, dass ich das Wort nicht ergreifen soll. Scheinbar hat die Kurve gar nicht mitgekriegt, dass ich gerne etwas gesagt hätte. Dieses Missverständnis führte zu den emotionalen Reaktionen.

fcn.de: Auch du hast emotional reagiert und daraufhin deine Kapitänsbinde zu Boden geworfen. Verstehst du die Verärgerung der Anhänger über diese Geste?

Raphael Schäfer: Natürlich. Das Kapitänsamt ist das höchste Gut. Es ist eine Ehre für jeden Sportler, von der eigenen Mannschaft in dieses Amt gewählt zu werden. Ich dachte in dem Moment, wenn die Gruppierung mich nicht mehr als Kapitän akzeptiert, will ich es auch nicht mehr sein. Ich habe überreagiert. Dass das ein riesengroßer Fehler war, weiß ich, denn ich  habe es immer als etwas Besonderes angesehen, Kapitän des 1. FC Nürnberg zu sein. Das wird mir nie wieder passieren.

fcn.de: Hast du schon mit der Mannschaft gesprochen?

Raphael Schäfer: Ich habe heute früh sofort mit der Mannschaft und dem Trainer gesprochen. Sie haben mich aufgefordert, Kapitän zu bleiben. Das ist ein klares Signal für mich, dass ich weiterhin das Vertrauen habe und das hat mich ermutigt, weiterhin als Kapitän auf dem Platz zu stehen. Ich werde mich dieser Verantwortung nicht entziehen. 

fcn.de: Wie sollen die Wogen geglättet werden?

Raphael Schäfer: Aufgrund der entstandenen Missverständnisse zwischen der Kurve und mir, wäre es mir ein Anliegen, den Dialog zu suchen, um alles auszuräumen. Es ist in der jetzigen Situation enorm wichtig, dass sich jeder zu einhundert Prozent auf das Sportliche konzentrieren kann. Wir haben mit dem Klassenerhalt eine verdammt wichtige Aufgabe vor uns. Es wäre fatal, wenn Fehler von Einzelpersonen uns die Energie für diese schwierige Aufgabe rauben.

fcn.de: Du hast schon so viel erlebt beim Club: Wie kann die Situation gelöst werden?

Raphael Schäfer: Ich bin mittlerweile seit zehn Jahren in diesem Verein und habe alle Höhen und Tiefen mitgemacht. Ich weiß deshalb, was wir erreichen können, wenn wir geschlossen ein Ziel angehen. Das muss wieder unsere Stärke werden. Viele Vereine würden sich freuen, wenn ein Bruch entsteht, um einen Vorteil daraus zu ziehen. Es ist meine Verantwortung, die Missverständnisse und Fehler auszuräumen, damit das auf keinen Fall eintritt.


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