Teamcheck Freitag, 01.03.2013

Freiburg: Die positivste Überraschung der Liga

Die Breisgauer knüpfen unter Christian Streich an alte Zeiten an. Der Sportclub im Teamcheck.

Der Mann des Jahres 2012 im deutschen Fußball? Klar, Jürgen Klopp, wer sonst! Seine Argumente, die da Meisterschale und DFB-Pokal heißen, waren nun einmal konkurrenzlos. Hätte man indes einen alternativen Mann des Jahres gekürt, einen jenseits von Rekorden und Titeln, wäre Christian Streich wohl nicht zu schlagen gewesen. Ohne die Leistung von "Kloppo" schmälern zu wollen, was der 47-Jährige mit dem SC Freiburg erreicht hat und weiterhin erreicht, war und ist allemal preisverdächtig.

Vor gut einem Jahr beförderte der SC ihn, der einst im Nachwuchsbereich mehrere Titel holte, vom Co- zum Chef-Trainer. Eine Beförderung, die einen Haken hatte: Marcus Sorg, sein glückloser Vorgänger, hatte ihm ein schweres Erbe hinterlassen. Der Abstieg des SC schien nämlich zu jenem Zeitpunkt ebenso festzustehen wie der Umstand, dass Freiburg die deutsche Stadt ist, in der im Jahresschnitt die Sonne am häufigsten scheint. Doch der damals bundesweit unbekannte und Bundesliga-unerfahrene Streich strafte alle Experten Lügen und schaffte das mittelgroße Fußball-Wunder: Er führte den SC – letztlich sogar souverän – zum Ligaerhalt, was jedoch neben dem Erstaunen auch allerhand Anlass für Absturztheorien lieferte, getreu der Devise, ein Wunder wiederholt sich selten.

"Unser Ziel ist der Klassenerhalt"

Und wieder irrten sie, die Experten: Der SC hat in dieser Saison nahtlos an das angeknüpft, was ihn in der Rückserie der vergangenen Spielzeit ausgezeichnet hat - und zwar ebenso leidenschaftlich wie auch erfolgreich Fußball zu spielen. In Zahlen liest sich dies so: Im Kalenderjahr 2012 holte der SC unter der Regie von Christian Streich 53 Punkte, was in der fiktiven, weil nicht zählenden Jahrestabelle, einen sechsten Platz bedeutet. Einen Rang besser sind die Breisgauer mit 38 Punkten gar in der aktuellen, alles andere als fiktiven Bundesliga-Tabelle.

Auf Europa-Kurs liegt somit der "kleine" SC, während die mit dem zig-fachen Etat agierende Konkurrenz in der unteren Tabellenhälfte feststeckt. Zugegeben, das mit dem Europa-Kurs mag der SC-Coach trotz Rang 5 so gar nicht hören. "Unser Ziel ist der Klassenerhalt", kontert er gebetsmühlenartig. Understatement? Sicherlich, denn wenn es neben dem Meistertitel eines gibt, was dem SC in dieser Saison nicht widerfahren kann, dann ist dies der Abstieg. Andererseits liegt dem durch und durch bodenständigen Streich nichts ferner als falsche Erwartungen zu schüren. Verständlich, sollte seine Elf nämlich am Ende "nur" Zehnter werden, hätte sie immer noch eine wunderbare Saison gespielt.

"Arbeit, Arbeit, Arbeit"

Wobei, halt, das zuletzt in Freiburg Erreichte mit dem Begriff Wunder zu verbinden, geht nach Ansicht von Christian Streich überhaupt nicht. "Arbeit, Arbeit und nichts als Arbeit" lautet schließlich seine simple Erfolgsformel – und dabei schließt er alle mit ein, die beim SC am Projekt Profifußball mitwirken. Eine lange Kette, an deren Ende die Spieler und das Trainerteam stehen, er eingeschlossen.

Es passt zu ihm, dass er sich nicht als der große Zampano sieht, sondern lediglich als Rädchen einer Maschinerie. Dass diese freilich so geschmeidig läuft, diesen Verdienst kann und muss man ihm schon an seine Fahnen heften, ob er nun will oder nicht. Er war es, der dem SC wieder jene Spielweise eingeimpft hat, mit der der Klub aus dem Breisgau in die Beletage des deutschen Fußballs aufstieg. In Ermangelung großer finanzieller Mittel baut der SC anstatt auf Stars seit jeher aufs aus möglichst vielen selbst ausgebildeten Spielern bestehende Kollektiv – doch nicht auf eines, das Fußball grätschender-weise arbeitet.

Mutig verteidigen

Basierend auf hoher Laufbereitschaft ist der SC ein Verfechter des kreativen, offensiven Fußballs. Alle sollen sich einschalten ins Spiel nach vorne, schnell soll der Ball laufen, direkt und flach, so die generelle Spielphilosophie des SC. Daran hat Streich, ein "Kind des Vereins", selbstredend nicht gerüttelt. Was er indes gewaltig verändert hat, ist der Moment, wenn die SC-Profis den Ball verlieren oder gegen diesen spielen müssen, um es im besten Fußball-Neudeutsch zu sagen. Vorbei die Zeiten, als ein weit und mitunter naiv aufgerückter SC den Defensivschalter nicht fand und den Gegner damit zum Toreschießen einlud. Unter Streichs Regie entwickelten sich die einst als Breisgau-Brasilianer gerühmten Freiburger zu einem schwer auszuspielenden Kontrahenten – ohne dass sie Abwehrbeton anrühren.

Mutig verteidigen lautet vielmehr die Streich’sche Prämisse, was in der Praxis wie folgt aussieht: Der SC stört meist früh wie aggressiv und schaff t es so, weil sich alle daran konsequent beteiligen, konstruktive Angriffe des Gegners bereits im Ansatz zu unterbinden. Dass die Freiburger bislang nur 22 Gegentore kassierten und damit mit dem zweitbesten Wert der Liga aufwarten, ist der beste Beweis für ihre unter Streich neu gewonnene Defensivstärke. Nichts Neues ist es hingegen, dass sich der SC in der Regel zwar viele, viele Chancen erspielt, viele davon aber nicht nutzen kann, siehe das jüngste torlose Heimspiel-Remis gegen Frankfurt. Was wäre nur, wenn Streich seinem SC diese alte Krankheit auch noch ausgetrieben hätte? Einerlei, auch so ist am Samstag die positivste Überraschung der Liga zu Gast in Nürnberg – und deren nächsten Streich zu vereiteln, lautet die Herausforderung.

Spieldaten

24. Spieltag, 1. Bundesliga 2012/2013
1 : 1
1. FC Nürnberg
33. Timmy Simons (Elfmeter) 1:0
SC Freiburg
83. Jonathan Schmid 1:1
Stadion
Grundig Stadion
Datum
02.03.2013 14:30 Uhr
Schiedsrichter
Felix Zwayer
Zuschauer
38188

Aufstellung

1. FC Nürnberg
?? - Balitsch - Nilsson (77. ERROR!) - Klose - Plattenhardt - Feulner - Simons - Frantz - Kiyotake (82. Ildiz) - Esswein - Pekhart (62. Polter)
Reservebank
Rakovsky, ??, Pinola, Ildiz, Kanazaki, Mendler, Polter
Trainer
Michael Wiesinger
SC Freiburg
Baumann - Schmid - Ginter - Diagne - Sorg - Schuster - Makiadi (77. Flum) - 18466 - Caligiuri - 18466 - Guédé (46. Santini)
Reservebank
Batz, Günter, Hedenstad, Höhn, Mujdza, Flum, Santini
Trainer
Christian Streich

Ereignisse

33. min Spielstand: 1:0
Timmy Simons

44. min Spielstand: 1:0
Cédric Makiadi

46. min Spielstand: 1:0
Ivan Santini kommt für Karim Guédé

60. min Spielstand: 1:0
Daniel Caligiuri

62. min Spielstand: 1:0
Sebastian Polter kommt für Tomas Pekhart

73. min Spielstand: 1:0
Mike Frantz

77. min Spielstand: 1:0
Johannes Flum kommt für Cédric Makiadi

77. min Spielstand: 1:0
ERROR!Per Nilsson

82. min Spielstand: 1:0
Muhammed Ildiz kommt für Hiroshi Kiyotake

83. min Spielstand: 1:1
Jonathan Schmid

90. min Spielstand: 1:1
Sebastian Polter

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