Profis Dienstag, 18.04.2017

Ex-Cluberer Liridon Krasniqi: Von der Baustelle zum Superstar

Liridon Krasniqi spielte sechs Monate für den 1. FC Nürnberg. Eine "schöne Zeit", wie der heutige Superstar Malaysias berichtet. Dabei schuftete er vor vier Jahren noch auf dem Bau.

30 Grad Celsius und ausverkaufte Ränge. Manche Profis müssen sich für eines entscheiden, Liridon Krasniqi hat beides. Als Spieler von Kedah FA in der malaysischen Super League blickt der Ex-Nationalspieler des Kosovo mit erst 25 Jahren bereits auf eine einmalige Karriere zurück, deren Ursprünge mitunter beim 1. FC Nürnberg begründet liegen.

fcn.de: 2009 schnürtest du dir deine Fußballschuhe noch bei Wind und Wetter für die Club-U17. Was ist dir aus deiner Zeit beim Club in Erinnerung geblieben? Hast du noch Kontakt zu ehemaligen Weggefährten?

Liridon Krasniqi: Ich hatte eine schöne, wenn auch kurze Zeit beim Club. Ich habe dort zu der Zeit keine Zukunft für mich gesehen. Ich war zu unentschlossen, stand nicht 100 Prozent hinter dem Fußball. Aber wir hatten eine coole Truppe! Jann George, Patrick Vallet, Mümin Kara, Alberto Maric, Max Buttenhauser und viele mehr. Wir hatten auch einen super Trainer. Wolfgang Schellenberg wollte mir etwas ermöglichen, aber ich habe es auf gut Deutsch 'verkackt'.

fcn.de: Zuvor durchliefst du Jugendteams des FC Bayern und des TSV 1860 München. Nach deiner Zeit in Nürnberg ging es dann für dich über Tschechien und die Türkei nach Malaysia. Allerdings gab es immer wieder Rückschläge. Kannst du uns davon berichten?

Liridon Krasniqi: Eines vorweg: Jugend-Stationen sind wichtig, klar. Aber große Namen, wie Bayern München, bedeuten nicht automatisch, dass du Fußballprofi wirst. Dennoch sollte man dieses Glück schätzen und alles dafür geben. Denn nicht jeder, der es verdient, bekommt so eine Chance. Nach der Zeit in München und Nürnberg gab es in der Tat Rückschläge für mich. Aber die musst du einstecken, annehmen und zurückschlagen; und stärker denn je werden. Das zeichnet mich aus, das unterscheidet mich von vielen.

fcn.de: Negativer Höhepunkt war sicherlich deine zweijährige Sperre zwischen 2011 und 2013. Plötzlich fandest du dich als Arbeiter auf einer Baustelle für neun Euro die Stunde wieder. Eine rückblickend wertvolle Erfahrung?

Liridon Krasniqi: So spielt das Leben nun mal. Manche nehmen diese Herausforderung an, andere fallen und stehen nie wieder auf. Ich wusste immer, dass meine Zeit noch kommen wird. Ich habe jeden Tag acht Stunden auf der Baustelle gearbeitet und dann trainiert. Jeden verdammten Tag. Ich habe früher mehr Geld auf der Straße gemacht, als dort auf der Baustelle. Aber hart verdientes Geld schätzt man mehr.

fcn.de: Es ist wie es ist. Jetzt kickst du im vollen Darul Aman Stadium der Stadt Alor Setar, keine 20 Kilometer entfernt vom Indischen Ozean. Lebst du einen Traum, den du eigentlich nie hattest?

Liridon Krasniqi: Das ist einfach der Wahnsinn! Wirklich zu jedem Spiel ist die Bude ausverkauft. 30.000 Menschen sehen unseren Fußball. Aber das hat auch einen Grund (lacht). Das ist einfach ein Hammer-Gefühl. Ich war mir immer sicher, dass mein Leben noch schön wird, aber so schön; das kann ich kaum glauben. Gott sei Dank!

fcn.de: Wie waren deine ersten Schritte auf der Halbinsel? War es schwer, sich einzugewöhnen?

Liridon Krasniqi: Anfangs war es schon sehr schwierig. Ich musste mich erst einmal an das neue, verdammt heiße Klima gewöhnen. Jedes Spiel hier findet bei 30 Grad statt. Und dann das Essen… Das andere Problem war das plötzliche Alleinsein. In der Türkei war ich zwei Stunden Flugzeit von Zuhause entfernt. Jetzt waren es 15. Du bist plötzlich weit weg von allem. Von 24 Stunden war ich 22 alleine. Es gab die meiste Zeit nur mich.

fcn.de: Was war das komischste, was dir dort bislang passiert ist?

Liridon Krasniqi: Da gibt es wirklich einen unvergesslichen Moment. Ich war fünf Monate nicht mehr in der Heimat bei meiner Familie. Deshalb wollte ich unbedingt nach München reisen. Bei der Passkontrolle stoppte mich der malaysische Polizist und checkte meinen Pass. Er sagt 'Sie können nicht ausreisen'. Er nahm mich dann mit aufs Revier. Dort kamen auf einmal noch mehr Polizisten und der vom Flughafen meinte 'Sorry, reingelegt. Aber anders hätten wir kein Foto mit dir bekommen'. Ich dachte mir zwar 'ach du Kacke' aber an sich war es eine coole Aktion. Wir haben die Fotos gemacht und dann durfte ich weiter (lacht).

fcn.de: Der Hype um dich scheint aber noch größer zu sein, als die Geschichte vermuten lässt. Gut 60.000 Menschen folgen deinem offiziellen Facebook-Profil, dein Privat-Account verzeichnet gut 41.000 Follower. 2016 als bekanntester Spieler der Liga ausgezeichnet, benennen heute sogar die ersten Familien ihre Kinder nach dir, wie uns Enis Alushi (aktuell an Maccabi Haifa ausgeliehen) verriet…

Liridon Krasniqi: Ach, der Enis (lacht). Lustiger Typ, klasse Zocker. Dass Eltern wirklich ihre Kinder nach mir benennen, ist eine riesengroße Ehre. Darauf bin ich sehr stolz. Dafür kann ich mich nur bei den Familien bedanken. Mittlerweile sind es schon drei Kinder mit meinem Namen. Der Hype hier ist extrem gewachsen und wächst mehr und mehr, solange man performt und versucht, was Besseres und Besonderes zu sein. Ich hoffe, dass noch mehrere Kinder nach mir benannt werden.

fcn.de: Und dennoch ist für dich ein Karriereende in Alor Setar ausgeschlossen. Wie sehen deine Pläne aus? Willst du 2018 zurück nach Europa und somit deine Chancen auf eine Rückkehr in die Nationalmannschaft steigern?

Liridon Krasniqi: Ich muss ehrlich sagen: Meiner Meinung nach verdiene ich schon jetzt einen Platz in der Nationalmannschaft. Aber warten wir ab. Europa könnte ein mögliches Ziel sein. Es kommt darauf an, wo. Wer weiß, was noch alles passiert. Aber das wird definitiv mein letztes Jahr hier sein. Ich will ein neues Kapitel aufschlagen. Neue Herausforderungen und neue Titel für meine Trophäen-Wand.

fcn.de: Doch erst einmal gilt es in dieser Saison erfolgreich zu sein. Was sind eure Ziele nach dem dritten Platz im Vorjahr?

Liridon Krasniqi: Ich will dieses Jahr die Liga gewinnen und mich für die AFC Champions League qualifizieren. Das ist mein Ziel. Sonst habe ich schon fast alles erreicht: den Malaysia Cup, den Aufstieg in die erste Liga, den Malaysia FA Cup, die Auszeichnung als bester Spieler. Aktuell sind wir gut dabei. Wir haben in den bisherigen zehn Spielen 19 Punkte eingefahren und liegen auf Platz drei. Das ist eine gute Ausgangsposition.

Das Darul Aman Stadium in Alor Setar

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