Profis Mittwoch, 06.05.2020

120 Jahre 1. FC Nürnberg: 68er Meister: "Ein harmonischer Haufen"

Foto: FCN-Archiv

1968 holt der Club seine neunte und letzte Meisterschaft, dank einer starken Mannschaft und zum Teil unvergesslichen Spiele. Anlässlich des 120. Geburtstags blickt fcn.de nochmal auf die damalige Meistersaison zurück.

Sechs Jahre waren vergangen seit der letzten Meisterschaft für den 1. FC Nürnberg, als der Club im Sommer 1967 in die Saison startete. Große Prognosen, wie es laufen würde, wagte vorab eigentlich niemand. „Damals gab es keinen Favoritenkreis, jeder konnte mit einer starken Saison Meister werden“, erinnert sich der damalige rechte Verteidiger, Horst Leupold, zurück.

Die Mannschaft selbst wusste aber um ihre Stärke. Dafür wurde in der Vorbereitung unter dem österreichischen Trainer Max Merkel geschuftet. „Das war die härteste Vorbereitung, die ich je erlebt habe“, wusste Torjäger Franz Brungs zu berichten. „Dreimal am Tag haben wir trainiert, und ich dachte manchmal, das halte ich nicht durch.“

Eingespielte Mannschaft

Auch die Neuzugänge um den Jugoslawen Zvezdan Cebinac vom PSV Eindhoven und seinen österreichischen Kollegen Gustl Starek von Rapid Wien waren eine Bereicherung. Das zeichnete sich schon zu Beginn der Spielzeit ab. Mit einem 2:0-Sieg über den Karlsruher SC startete der FCN in die Saison. Anfang September stand der Club nach einem 4:0-Erfolg gegen den Hamburger SV erstmals seit Neugründung der Bundesliga 1963 an der Tabellenspitze im deutschen Fußball-Oberhaus.

Vor allem die Konstanz, mit der der FCN seine Leistungen zeigte, ragte heraus. Früh fand Merkel seine Startelf: Wabra, Leupold, Popp, Ludwig Müller, Wenauer, Ferschl, Cebinac, Strehl, Brungs, Heinz Müller und Volkert waren gesetzt. Lediglich vier weitere Spieler wurden in der gesamten Spielzeit 67/68 eingesetzt. Das ist bis heute Bundesliga-Rekord! „Natürlich war das einer unserer Vorteile, wir waren eine eingespielte Mannschaft mit einer richtig guten Stimmung innerhalb des Teams“, weiß Leupold.

„Das beste Spiel der Club-Historie“

Das, laut dem gebürtigen Nürnberger, „beste Spiel in der Club-Historie“ folgte am 5. Spieltag gegen Borussia Mönchengladbach. Zwischen den Top-Teams der Bundesliga ging es unter Flutlicht hin und her – letztlich behielt der Club vor heimischer Kulisse die Oberhand und gewann knapp, aber verdient mit 1:0. Das Tor des Tages erzielte Karl-Heinz Ferschl in der 70. Minute. „Das war ein richtiges Highlight. Beide Mannschaften haben ein ganz starkes Spiel abgeliefert“, so Leupold.

An Spieltag 13 setzte es beim MSV Duisburg die erste Saisonniederlage (0:2). Auch wenn Trainer Merkel mit Misserfolgen haderte, warf die Niederlage den Club nicht aus der Bahn. Ganz im Gegenteil, denn nur drei Wochen nach dem Fehltritt beim MSV ließen Leupold und Co. eine der Sternstunden der Nürnberger Fußball-Historie folgen.

„Das war das Meisterstück“

Im letzten Heimspiel des Jahres war der FC Bayern München zu Gast im Städtischen Stadion. Der Club ging als Spitzenreiter in die Partie, die Bayern wollten als einer der schärfsten Verfolger den Abstand nach oben verkürzen. „Aber wir waren unheimlich heiß auf das Spiel und wollten unbedingt gewinnen“, beschreibt Leupold die Stimmung in der Kabine vor dem Duell.

Und das gelang in beeindruckender Art und Weise. Nach 26 Minuten eröffnete Heinz Strehl den Nürnberger Torreigen, zur Pause führte man bereits mit 3:0 und nach Franz Brungs‘ fünftem Treffer hieß es nach 75 Minuten 7:1. Am Ende stand ein 7:3 gegen Beckenbauer, Müller und Co. und 65.000 Stadion-Besucher, ganz Nürnberg und viele Beobachter waren aus dem Häuschen. „Das war das Meisterstück“, titelte kicker.

Durchhänger im neuen Jahr

Mit sieben Zählern Vorsprung ging es in die zweite Saisonhälfte. Der 1. FCN war für viele quasi schon Meister. Aber der Club wäre nicht der Club, wenn er es nicht noch spannend gemacht hätte. Nur eine der ersten fünf Partien des neuen Jahres konnte gewonnen werden. „Das ist nicht mehr der flotte, begeisternde 1. FC Nürnberg“, erklärten daraufhin die Nürnberger Nachrichten.

Immerhin ertrotzte der Club ein 1:1 in Mönchengladbach, das Merkel später „den wichtigsten Punktgewinn der Saison“ nannte und kam im Saisonendspurt wieder auf Kurs. Und wieder war es das Duell gegen den FC Bayern, das den Club und seine Fans in einen besonderen Ausnahmezustand versetzte. Mit dem 2:0-Erfolg in München sicherte sich der FCN am vorletzten Spieltag die Meisterschaft und wurde bei seiner Rückkehr am Bahnhof von tausenden Anhängern in Empfang genommen.

Große Feierlichkeiten

Die großen Feierlichkeiten folgten eine Woche nach dem letzten Heimspiel gegen Borussia Dortmund. „Die Übergabe der Meisterschale im Stadion war der Höhepunkt“, erinnert sich Leupold. Anschließend ging’s per Autokorso vom Stadion zum Hauptmarkt. „Jeder Nürnberger war dabei, sie waren richtig stolz auf diese Mannschaft“, schwärmt Leupold noch heute. „Jeder Bürger der Stadt Nürnberg war zu der Zeit ein Anhänger des 1. FC Nürnberg“.

Der Grund dafür waren die jungen Kerle auf dem Platz, die die Fans Woche für Woche begeistert hatten. Mit Leidenschaft, Einsatzwillen und einer ganz besonderen Kameradschaft. „Wir sind als Team gewachsen und hatten ein super Zusammenhalt, weil viele Spieler schon seit der Club-Jugend zusammengespielt hatten. Wir waren eine richtige Einheit über viele Jahre. Wirklich ein harmonischer Haufen“.

 


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